nach dem Mauerfall in Deutschland und der Revolution in Albanien für etwa 10 Tage.
Skanderbeg Denkmal in Tirana vom Minarett der benachbarten Moschee
Natürlich sind die Erinnerungen an damals heute nicht mehr von Bedeutung, aber ich erzähle gerne einige Highlights: Ich war damals zur Vorbereitung eines Angebots zu Planung und Bau der Wasserversorgungen von drei Städten in Albanien und habe dafür Unterlagen gesammelt. Eine der Fragen war nach den Kosten und den Bezugsmöglichkeiten von Autos; ganz offen wurden wir informiert, dass - solange es beabsichtigt ist, die Wagen nur in Albanien zu verwenden - es am zweckmäßigsten wäre, in eine bestimmte Küstenstadt zu fahren und sich dort im Hafen umzusehen: dort kämen die Autos übers Meer an. Gesagt, getan. Tatsächlich wurden an jeder Ecke Autos angeboten, und zwar keine Kleinwagen. Bei näherer Besichtigung konnten wir feststellen, dass gebrauchte Nummernschilder (aus Italien und Frankreich) oft noch im Kofferraum lagen. Fotos haben wir dort lieber nicht gemacht.
Die Natur war wirklich noch in Ordnung und die Flüsse zum Teil unverbaut, was man in Deutschland kaum noch findet. Der Strand war extrem vermüllt, mit Ausnahme eines Bereichs von etwa 500m um den Badepavillion des Präsidenten, was man sogar aus der Luft erkennen konnte, weil der Anflug zum Flughafen Tirana genau über diese Stelle führt. Es kam zu einer komischen Situation, weil wir am Strand ganz normal unsere Badehosen angezogen haben und ins Wasser gesprungen sind, während die Einheimischen - ja was genau, ich weiß es nicht, jedenfalls schien es total unüblich am Strand die Kleidung zu wechseln. Unsere Begleiter waren jedenfalls geschockt und offensichtlich froh, dass keine Polizei in der Nähe war.
Obwohl tagsüber dichter Verkehr mit hochklassigen PKWs herrschte (hauptsächlich Mercedes) gab es nachts keine Laternenparker, alle Wagen waren unter Schloss und Riegel verwahrt.
Technisch war am beeindruckendsten, dass eine Stadt von hochgelegenen Quellen im Gebirge versorgt wurde. Das Wasser rauschte durch etwa 500mm Durchmesser Rohre mit hohem Gefälle. Etwa alle 50 Höhenmeter wurde die Leitung durch einen offenen Tank (etwa 10x10x4 m) unterbrochen, um den Druck zu reduzieren. Das Wasser donnerte in die Tanks, es gab einen gewaltigen Strudel und jede Menge Schaum, danach stürzte das Wasser in den nächsten Rohrabschnitt. So erreichte die Leitung die Stadt; dort gab es aber Wassermangel. Wie war das möglich? Der Direktor des Wasserwerks machte uns auf die benachbarten Gärten aufmerksam, die alle unter Wasser standen: das waren die Folgen von unzähligen illegalen und unsachgemäßen Anschlüssen, die von den Anwohnern nach der Diktatur ausgeführt wurden. Zur Erklärung führte er aus, dass ursprünglich jeder Anschluss eine Wasseruhr und ein zugehöriges Büchlein hatte, in das die Ablesungen eingetragen wurden. Der Verlust eines solchen Büchleins galt als schweres Verbrechen und Leute, denen so etwas passierte, sind oft im Gefängnis verschwunden. Zugleich mit der Revolution haben die Einwohner deshalb auch die Wasseruhren zerstört. Der Direktor des Wasserwerks meinte, dass er nicht seine Leute in die Häuser schicken könne um dort nach dem Rechten zu sehen, schließlich wären die Leute dort ja alle bewaffnet.
Ein anderes Problem war, dass ein großer Teil der Wasserwerksausrüstungen aus China geliefert worden war, aber wegen des überraschenden Umsturzes nicht mehr eingebaut worden war. Nach dem Abzug der Chinesen stand vieles ungenutzt herum.
Schlussendlich haben wir ein Angebot abgegeben, das aber nicht erfolgreich war (ich würde sagen, wegen Managementfehlern waren wir vom Anfang an chancenlos, aber damals kannte ich die Vorgeschichte noch nicht). Was bleibt, hat der Direktor des Wasserwerks kurz zusammengefasst, als wir abends noch bei Salat, Käse und Wein zusammensaßen: Ich kenne euer Angebot nicht, die Verträge werden in Deutschland vergeben und ich habe wenig Einfluss, und es waren auch schon andere Firmen aus Deutschland hier. Aber eines kann ich sagen: Mit Euch hat es am meisten Spaß gemacht!