Worüber niemand redet – das Exorbitante Privileg

nereus @, Montag, 14.04.2025, 14:12 vor 3 Tagen 3775 Views

Die Zoll-Debatten nehmen einen breiten Raum in der aktuellen Wirtschafts- und Börsendebatte ein.
Auch hier wurde das Thema bereits erörtert und zum Teil Verständnis für Trump gezeigt, da es in der Tat ein paar Besonderheiten in der Weltwirtschaft gibt, wo Länder ihre Produkte subventionieren oder Importe mit Zöllen belegen, um den Binnenmarkt schützen.

Donald findet das nicht so gut und wird daher aktiv.
Ein wenig zu aktiv, wie ich finde, denn die Unruhe am Anleihemarkt haben schon mal signalisiert, daß er sich gerade am Fundament des Schuldenturms zu schaffen macht.

Was allerdings bei der Debatte zu kurz kommt – aber unbedingt dazu gehört – ist das sogenannte Exorbitante Privileg.

Diese Wortschöpfung stammt angeblich von Valéry Giscard d'Estaing, der vor seiner Zeit als Staatspräsident auch einmal französischer Wirtschaftsminister gewesen war.
Es geht auf eine Veröffentlichung im Le Figaro von 1965 zurück.
Ich hätte zwar eher Jacques Rueff, den genialen Wirtschaftsberater De Gaulles, dahinter vermutet, der immer einen guten Spruch drauf hatte, wie z.B.

Das „Privileg“ des Dollars .. ist ein „Defizit ohne Tränen“, das den Menschen den Eindruck vermittelt, „dass sie geben, geben, geben können, ohne zu nehmen, leihen, ohne zu borgen, und kaufen, ohne zu bezahlen“.

Aber es ist am Ende auch egal.
Worum handelt es sich nun?

Der Begriff „exorbitantes Privileg“ bezieht sich auf die Vorteile, die die Vereinigten Staaten aufgrund ihrer eigenen Währung (dem US-Dollar) als internationale Reservewährung genießen.

Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Exorbitant_privilege

Was sind das für Vorteile?

Niedrigere Kreditkosten: Die USA können Kredite zu niedrigeren Zinssätzen aufnehmen, da eine hohe Nachfrage nach auf Dollar lautenden Vermögenswerten besteht.

Handelsdefizite: Die USA können größere Handelsdefizite verzeichnen, ohne in eine Zahlungsbilanzkrise zu geraten, da ihre Importe in ihrer eigenen Währung bezahlt werden.

Währungsstabilität: Der Status des Dollars sorgt für Stabilität und Liquidität auf den globalen Märkten.

Wirtschaftlicher Einfluß: Die USA haben einen größeren Einfluß auf die globale Wirtschaftspolitik und die Finanzmärkte.

Globale Finanzstabilität: Da viele Länder Reserven in US-Dollar halten, kann jede signifikante Veränderung des Dollarwerts die globale Finanzstabilität beeinträchtigen.

Geopolitische Macht: Die Dominanz des Dollars verstärkt den geopolitischen Einfluß der USA, da viele Länder bei internationalen Transaktionen auf ihn angewiesen sind.

Auswirkungen auf den Export: Ein stärkerer Dollar kann dazu führen, daß US-Exporte teurer und auf den Weltmärkten weniger wettbewerbsfähig werden.

Kapitalflüsse: Die USA verzeichnen erhebliche Zuflüsse ausländischer Investitionen, die das Wirtschaftswachstum ankurbeln, aber auch zu Volatilität auf den Finanzmärkten führen können. Dieser Zufluß resultiert hauptsächlich aus dem Handelsdefizit und hat in letzter Zeit zugenommen, was einer der vielen Gründe für die Reaktion der BRICS-Bewegung ist.

Geldpolitische Autonomie: Die Federal Reserve hat eine größere Flexibilität bei der Festlegung der Geldpolitik, ohne sich allzu viele Gedanken über die unmittelbaren Auswirkungen auf die Wechselkurse oder Kapitalflüsse machen zu müssen.

Kurzum, die Einen „drucken“ Geld, welches sich hinter faulen Versprechen versteckt - die Anderen müssen es als Zahlungsmittel verwenden.

Dazu sagt Trump allerdings recht wenig - um nicht zu sagen – überhaupt nichts.
Also, wenn man schon über faire Praktiken im internationalen Handel ehrlich diskutieren möchte, gehört das unbedingt dazu.

Von der hiesigen Presse hört man dazu aber auch nichts, obwohl sie jeden Blödsinn hinaus posaunen, der ihnen gerade über den Weg läuft.
Hier hätten sie endlich mal ein echtes Argument - aber vielleicht verlangt man dann einfach zu viel von denen. [[freude]]

mfG
nereus

Dottore: Je länger zugewartet wird, um so donnernder wird …

Ostfriese @, Montag, 14.04.2025, 16:55 vor 3 Tagen @ nereus 2285 Views

Hallo nereus

Dazu sagt Trump allerdings recht wenig - um nicht zu sagen – überhaupt nichts.

Trump muss auch nichts sagen: Die Beraternetzwerke und die juristischen Großkanzleien weisen mittels ihres umfangreichen debitistischen Wissens den richtigen Weg.

Also, wenn man schon über faire Praktiken im internationalen Handel ehrlich diskutieren möchte, gehört das unbedingt dazu.

Die Waffe ist als Analogon des machtbasierten Debitismus die Grundlage der Ökonomie zwecks bevorzugter Externalisierung der Machterhaltungskosten des Staates. Faire und gerechte Praktiken kann es letztendlich im internationalen Handel nicht geben.

Von der hiesigen Presse hört man dazu aber auch nichts, obwohl sie jeden Blödsinn hinaus posaunen, der ihnen gerade über den Weg läuft.
Hier hätten sie endlich mal ein echtes Argument - aber vielleicht verlangt man dann einfach zu viel von denen. [[freude]]

Im Zentralmachtgebiet sind die Untertanen wegen des Zwanges und der aufoktroyierten Ohnmacht der Zentralmacht ausgeliefert: Sie tauschen - aufgrund der durch die Medien, der hiesigen Presse und der von den Machtlakaien verstärkten Angst - ihren Willen immer gegen eine bereits vorgefertigte zentralinstanzielle Auswahl aus.

Jean Baudrillard in Kool Killer oder Der Aufstand der Zeichen (S. 91):

"Die Macht gehört demjenigen, der zu geben vermag und dem nicht zurückgegeben werden kann."

Dottore schrieb vor mehr als 20 Jahren umfassend in

https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=264730 Machtkosten und die USA, verfasst von dottore, 03.04.2004, 10:41

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

→ Hi,

sog. Reiche können sich so lange halten, wie sie ihre Machtkosten und Machterhaltungskosten externalisieren können - ich verweise nochmals auf den luziden Aufsatz von Uwe Wagschall in Der Staat 2000). Das war bei Alexander der Perserschatz (nur einmal behehbbar), bei den Athenern und Spartanern Raub, Krieg, Melos, Messenien, die Metöken, usw., wie beschrieben. Bei den Römern die Tribute, die entfielen als keine Gold- und Silberländer mehr erobert werden konnten (Spanien, Dakien) und das römische Bürgerrecht dummerweise allen erteilt wurde (Anfang 3. Jh.). Bei den Spaniern war's Südamerika, bei den Franzosen und Engländern das Kolonialreich (may the British Empire and it's Commonwealth last for a thousand years ... - Churchill).

Dann traten die Amerikaner auf den Plan. Sie konnten per Golddevisenstandard zunächst noch das bei ihnen externalisierte (thesaurierte) Gold ziehen, das sie nach WK I zusammengerafft hatten (Letztbezieher auch der deutschen Reparationen) und als das schnell abschmolz, indem sie ihre Titel im Ausland unterbringen konnten (dort Devisenreserven). Das läuft bei Japan usw. noch immer, aber nicht ewig.

Die Tributländer kaufen die Titel (Japan) noch, um selbst ihre nicht externalisierbaren Kosten ihrerseits durch Staatsverschuldung vorzutragen und um ihre Besteuerungsbasis (einigermaßen laufende Wirtschaft) nicht gänzlich zu verlieren. Somit haben wir inzwischen eine Externalisierung auf Pump. Das kann noch eine Zeitlang vorgetragen werden, wird aber im Laufe der Globalisierung immer schwieriger, und schließlich unmöglich. Der absehbare Zusammenbruch des europäischen Lohnniveaus wird auch die dortigen Mächte als nicht mehr finanzierbar ausweisen. Mit weniger Geld wird halt weniger gekauft, der bereits erfolgte Vorabbezug von Steuern (Staatsschulden) bleibt aber nominal gleich. Deshalb versuchen die Euro-Mächte schon, ihre Machterhaltungskosten zu senken (öffentlicher Dienst und sonstige Reformen).

Amerika kann sich noch per Handelsbilanz usw. eine weitere Zeitlang um das Problem herummogeln, dass es selbst bzw. seine Bürger die Machtkosten tragen müssen. Investitionen, um noch einmal weitere Externalisierung zu erzwingen (Kriege) erweisen sich als zu kostspielig und reißen weitere Löcher im Inland (höhere Staatsverschuldung = Steuerzessionen).

Da es niemand im Weltall gibt, dem man noch Kosten aufdrücken könnte, muss man die inzwischen immer notwendigere Internalisierung der Kosten möglichst lange noch auf die inländischen Nicht-Machthalter (der berühmte US-Verbraucher usw.) weiterreichen und hoffen, dass diese ihrerseits auf künftige Einnahmen ziehen (sich verschulden), wobei die Wirtschaft und damit die Steuern (Finanzierung des Machterhalts) noch eine Zeitlang läuft, bis auch die dort vorhandenen Verschuldungsgrenzen (Zessionsmöglichkeiten) erreicht sind und Pay-day ansteht.

Da Machterhalt immer Staatskonsum ist, und der nicht ewig per Vorabbezug von Einnahmen (nachdem es keine Externalisierung mehr gibt) zu finanzieren ist, kann dem US-Imperium, wie allen anderen in der Geschichte davor auch, das Ende prophezeit werden. Noch läuft die Maschinerie und wir schauen amüsiert zu, wie lange noch und lassen uns gern von neuen Strampel-Varianten der Macht aller Staaten zum Zwecke ihres Machterhalts überraschen.

Derweil empfiehlt es sich, selbst die eigenen privaten Machterhaltungskosten (= Einkommen zum Lebenserhalt) zu thesaurieren. Die einen nehmen dazu GZ (vorläufig zumindest noch), die anderen gehen in Physisches, wobei deren Risiken nicht nur in den Märkten für Thesaurierungsmittel, sondern auch in deren Expropriation liegen. Wer am Ende obsiegt, ist die große Frage. Aber kommt Zeit, kommt Rat. Noch läuft's ja einigermaßen.

Aber die Zeit wird knapper. Und die Lage von Argentinien bis Afghanistan zu studieren, ist lehrreich. Prolongieren (IWF) bzw. fremde Machterhaltungskosten auf die eigene Verschuldung umzubuchen, hat seine Grenzen. So etwas, wie ein sich selbst tragendes Wachstum und dies weltweit oder gar auf Dauer (Fukuyama usw.) ist und bleibt eine Fiktion. … sich das unlösbare Problem des Staates als mit bewaffnetem Binnen- und Außenzwang operierende Institution entladen. Vae victis!

Think!

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Gruß - Ostfriese

Das Donnergrollen ist nicht zu überhören.

nereus @, Dienstag, 15.04.2025, 10:43 vor 2 Tagen @ Ostfriese 1410 Views

Hallo Ostfriese!

Du schreibst: Trump muss auch nichts sagen: Die Beraternetzwerke und die juristischen Großkanzleien weisen mittels ihres umfangreichen debitistischen Wissens den richtigen Weg.

Das kann schon sein.
Zu @dottore, der schrieb:

Dann traten die Amerikaner auf den Plan. Sie konnten per Golddevisenstandard zunächst noch das bei ihnen externalisierte (thesaurierte) Gold ziehen, das sie nach WK I zusammengerafft hatten (Letztbezieher auch der deutschen Reparationen) und als das schnell abschmolz, indem sie ihre Titel im Ausland unterbringen konnten (dort Devisenreserven). Das läuft bei Japan usw. noch immer, aber nicht ewig.
Die Tributländer kaufen die Titel (Japan) noch, um selbst ihre nicht externalisierbaren Kosten ihrerseits durch Staatsverschuldung vorzutragen und um ihre Besteuerungsbasis (einigermaßen laufende Wirtschaft) nicht gänzlich zu verlieren.
Somit haben wir inzwischen eine Externalisierung auf Pump.
Das kann noch eine Zeitlang vorgetragen werden, wird aber im Laufe der Globalisierung immer schwieriger, und schließlich unmöglich.

In diese Posaune bläst gerade Ray Dalio, der Folgendes geschrieben hat:

Die Währungs-/Wirtschaftsordnung bricht zusammen, weil es zu viele Schulden gibt, die Schuldenquote zu schnell steigt und die bestehenden Kapitalmärkte und Volkswirt-schaften durch diese untragbar hohe Verschuldung gestützt werden.
Die Schulden sind nicht tragbar, weil es ein großes Ungleichgewicht zwischen

a) Schuldnern, die zu viele Schulden haben und noch mehr Schulden aufnehmen, weil sie auf Schulden angewiesen sind, um ihre Exzesse zu finanzieren (z. B. die Vereinigten Staaten), und
b) Kreditgebern (wie China), die bereits zu viele Schulden halten und darauf angewiesen sind, ihre Waren an die Schuldner (wie die Vereinigten Staaten) zu verkaufen, um ihre Wirtschaft aufrechtzuerhalten, gibt.

Es besteht ein großer Druck, diese Ungleichgewichte auf die eine oder andere Weise zu korrigieren, und dies wird die Währungsordnung in erheblichem Maße verändern.
Es ist beispielsweise offensichtlich unvereinbar, sowohl große Handels- als auch große Kapitalungleichgewichte in einer sich entglobalisierenden Welt zu haben, in der die Hauptakteure nicht darauf vertrauen können, dass die anderen Hauptakteure sie nicht von den benötigten Gütern abschneiden (was eine amerikanische Sorge ist) oder ihnen das geschuldete Geld nicht zahlen (was eine chinesische Sorge ist).

Quelle: https://www.zerohedge.com/geopolitical/not-about-tariffs-ray-dalio-fears-something-wors...

Dalio beschreibt es ein wenig anders, kommt aber zu ähnlichen Schlußfolgerungen und sieht die Deflation am Horizont, die eigentlich schon da ist, auch wenn alle Welt von Inflation spricht.

Nochmals @dottore:

Der absehbare Zusammenbruch des europäischen Lohnniveaus wird auch die dortigen Mächte als nicht mehr finanzierbar ausweisen.
Mit weniger Geld wird halt weniger gekauft, der bereits erfolgte Vorabbezug von Steuern (Staatsschulden) bleibt aber nominal gleich.

Das ist vor allem in den USA zu sehen, wo die Leute nach dem Scheinaufschwung Ende 2024 merken, daß es keine Erholung gibt, sondern eine fette Rezession vor der Tür steht.
Sie fürchten um ihren Arbeitsplatz und halten die Kohle zurück.
Und wer nicht kauft, wird zum selbsterfüllenden Propheten.

Amerika kann sich noch per Handelsbilanz usw. eine weitere Zeitlang um das Problem herummogeln, dass es selbst bzw. seine Bürger die Machtkosten tragen müssen. Investitionen, um noch einmal weitere Externalisierung zu erzwingen (Kriege) erweisen sich als zu kostspielig und reißen weitere Löcher im Inland (höhere Staatsverschuldung = Steuerzessionen).

@Dottore schrieb das 2004 und da geht der Zeithorizont schon in Ordnung.
Trump will ja aus dem Ukraine-Krieg auch raus, weil er zu kostspielig ist und der Erfolg, den andere vor ihm planten, nicht eintrat.
Außer Spesen nichts gewesen.

Derweil empfiehlt es sich, selbst die eigenen privaten Machterhaltungskosten (= Einkommen zum Lebenserhalt) zu thesaurieren. Die einen nehmen dazu GZ (vorläufig zumindest noch), die anderen gehen in Physisches, wobei deren Risiken nicht nur in den Märkten für Thesaurierungsmittel, sondern auch in deren Expropriation liegen.
Wer am Ende obsiegt, ist die große Frage. Aber kommt Zeit, kommt Rat. Noch läuft's ja einigermaßen.
Aber die Zeit wird knapper.

Ich fürchte, die Zeit ist um und viel zu reparieren ist da nicht mehr.
Das wird sehr spannend werden und man sollte mit allem rechnen, auch mit dem, mit dem man im Normalfall nicht rechnen würde.

mfG
nereus

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