Donald Trump droht der EU mit Zöllen.

nereus @, Mittwoch, 02.04.2025, 15:18 vor 26 Tagen 3234 Views

Die Nachrichten überschlagen sich gerade, die Analysten schlagen Alarm oder wiegeln ab.
Alle fiebern der heute abend anstehenden Zoll-Verkündigung vom „heiligen“ Donald entgegen.

Werden wir darüber in Absurdistan überhaupt vernünftig informiert? [[hae]]
Daran darf gezweifelt werden.

Grundsätzlich gelten für die USA die gleichen Importbestimmungen, wie sie für jedes andere Land außerhalb der EU gelten.
Sie zählen als “Nicht-EU-Staat” und sind damit allen anderen nach Europa exportierenden Ländern gleichgestellt.
Zollgebühren fallen an, sobald der Warenwert 150 Euro übersteigt.
Als Warenwert gilt der Betrag, der auf der Rechnung steht.
Auf den Warenwert werden die Transportkosten und die Versicherungsgebühren aufgeschlagen, die für den Transport der Waren bis zum Verzollungspunkt anfallen. Daraus errechnet sich der Zollwert.

Die Zollsätze sind höchst unterschiedlich. Sie können bis zu 25 % betragen.
Außerdem gibt es Sonderzölle für bestimmte Waren, zu denen beispielsweise die Agrarzölle zählen. Der Feststellung des Zollwertes und der Ermittlung der Zollgebühren folgen weitere Abgaben ..

Quelle: https://www.butz.de/usa-eu-zollgebuehren-einfuhrabgaben/

Nehmen wir das zunächst zur Kenntnis.
Was machen nun die Amis, wenn sie aus der EU importieren?

Die Höhe des Zolls richtet sich nach der Art der Ware.
Das US-Handelsministerium hat Waren aller Art in klar definierte Gruppen eingeteilt. Diese sind im “Harmonized Tariff Schedule of the United States” hinterlegt. Darin sind auch die stets aktuellen Zolltarife eingetragen.
Die Tarife liegen normalerweise zwischen 0 und 5 % des Warenwertes.
Es ist damit auch möglich, ein Produkt mit einem Wert von über 400 USD zollfrei in die USA zu exportieren, sofern sich dieses in der richtigen Gruppe befindet.

Das finde ich spannend!
Bei der EU können für Waren aus den USA bis zu 25 % Zoll fällig werden, während die Amis bis max. 5 % - von Ausnahmen abgesehen - verlangen.

Die Amerikaner erheben aber auch noch eine Zollabfertigungsgebühr, die ab einem Zollwert von 2.500 $ erhoben wird.

Die Grundlage ist aber nicht der Warenwert, sondern der Zollwert. Das ist der Wert, in dem Zollgebühr und Warenpreis bereits addiert sind. Da die Einfuhrnebenabgabe lediglich 0,3464 Prozent beträgt, sind diese Kosten überschaubar. Allerdings wird eine Mindestabgabe von 25 USD erhoben. Dem steht eine maximal zu entrichtende Zollabfertigungsgebühr in Höhe von 485 USD gegenüber.

Ich würde mal sagen, dieser Punkt geht an die USA.
Was wäre noch von Bedeutung?

Die USA erheben auf eingeführte Waren keine Einfuhrumsatzsteuer.
Umgekehrt muss auf Einfuhren aus den USA nach Deutschland jedoch eine Einfuhrumsatzsteuer von 19 % bzw. 7 % gezahlt werden, je nachdem, um welche Warenart es sich handelt.

Aha, hier Steuern, dort keine.

Die USA erheben bei der Einfuhr bestimmter Waren eine Verbrauchsteuer. Dies betrifft vor allem Alkohol- und Tabakprodukte. Die Höhe der Verbrauchsteuer auf alkoholische Getränke wird pro Gallone erhoben.
..
Eine Ausnahme bildet importiertes Bier.
Hier wird eine Verbrauchssteuer von 18 USD pro Barrel (1 Barrel = 31 Gallonen) erhoben.
Bei Tabakwaren hängen die Verbrauchssteuern vom Grad der Verarbeitung ab. Zigarren und Zigaretten werden pro 1000 Stück mit einer Verbrauchsteuer belegt.

Mein Fazit: Das Geschrei um die neuen US-Zölle scheint ziemlich verlogen zu sein.
Donald stellt nur die schiefe Ebene wieder gerade, soweit ich das in Kürze übersehen kann.

Bei Achgut erschien vor knapp 3 Wochen ein Artikel, der diese Annahme bestätigt.
Kleiner Auszug:

Wenn Donald Trump gar kein originärer Störenfried ist, sondern nur im Interesse seiner Landsleute offenbare Ungerechtigkeiten im Außenhandel abbauen will, wieso dann das laute und scheinheilige Geschrei, gerade auch in Europa?
Weil man sich an die Zustände seit Jahrzehnten so gewöhnt hat, dass man den bequemen Status quo als „normal“ betrachtet und jede Änderung, die einem zum Nachteil gereicht, als ärgerliche Störung wahrnimmt.

Bei Interesse bitte hier entlang: https://www.achgut.com/artikel/Zoll_streir_einfach_in_den_spiegel_schauen

Nun denn.

Nichtsdestoweniger, wenn wir hier einen mitlesenden Ex- bzw. Importeur haben, der besseren Einblick in die Materie hat, lasse ich mich gerne belehren oder auch bestätigen. [[zwinker]]

mfG
nereus

Die EU ist nur allzu froh darüber....

Miesepeter @, Mittwoch, 02.04.2025, 15:39 vor 26 Tagen @ nereus 2852 Views

Hi Nereus,

Die Argumentation Donald Trumps ist seit Beginn der Zolldiskussion mit der EU, dass die EU unverhältnissmässige tarifäre und nichttarifäre (Ausschluss von Chlorbleichhühnchen usw.) Hindernisse aufstellt, die USA daher ein beträchtliches Handelsdefizit (ca 100 Mrd USD) mit der EU habe, und entweder die EU diese Hindernisse abbaut oder er reziprok Hindernisse aufstellen wird.

Wo ist die öffentliche Diskussion in der EU über dieses Ungleichgewicht? (1. rhetorische Frage)

Wie reagiert nun die EU? Sie stellt ihre Handelshemmnisse nicht in Frage und bietet auch keine Verhandlungen zu deren Eliminierung an.

Stattdessen droht sie den USA mit Gegenmassnahmen und Zollerhöhungen (=Steuererhöhungen für die Bürger), obwohl sie dabei doch in jedem 2. Nebensatz erwähnen, wie schlecht ein Handelskrieg und Zölle doch für alle Beteiligten seien.

Was ist das Resultat: beide (hochdefizitären) Seiten erhöhen sukzessive ihre Zölle, erhöhen damit ihre Steuereinnahmen, während sie gleichzeitig die Nachfrage nach Konsumgütern verringern. Durch die niedrigere Nachfrage werden - insbesondere in Europa - bestehende Produktionskapazitäten verringert werden, so dass deren Ressourcen (Personal, Finanzierung, Material, Maschinen usw) freiwerden und für andere Wirtschaftssektoren zur Verfügung stehen.

Gibt es eigentlich gerade in Europa einen - quasi neuen - Wirtschaftssektor, der händeringend nach neuen Produktionskapazitäten und Resourcen strebt? (2. rhetorische Frage)[[zwinker]]

Gruss,
mp

"die USA daher ein beträchtliches Handelsdefizit" Die USA haben kein Handelsdefizit.

Dragonfly ⌂ @, Mittwoch, 02.04.2025, 16:18 vor 26 Tagen @ Miesepeter 2482 Views

"die USA daher ein beträchtliches Handelsdefizit" Die USA haben kein Handelsdefizit.

Siehe meinen anderen Beitrag im Thread.

Chlorhühnchen zu unrecht kritisiert

Echo @, Mittwoch, 02.04.2025, 21:28 vor 26 Tagen @ Miesepeter 1910 Views

bearbeitet von Echo, Mittwoch, 02.04.2025, 21:33

Chlordioxid ist eine lokal wirkende oxidative Reagenz, die sich bei Zimmertemperatur restlos verflüchtigt. Wird auch zur Trinkwasserdesinfektion genutzt. Das was als Bleiche genutzt wird ist eher Hypochlorit, aber selbst das ist harmlos denn es findet sich in Mundspülungen weil es mit Säure zu ClO2 reagiert. Manche baden da drin sogar, ist stinknormales Pooldesinfektionsmittel. Der Schock-Effekt ist halt groß wenn ein Nicht-Chemiker von Chlorbleiche liest. Ich würde mir mehr Sorgen um Antibiotika-Medikamente in Hühnchen machen.

Es kommen schon wieder die ersten anonymen Beleidigungen per PN

Echo @, Mittwoch, 02.04.2025, 23:57 vor 26 Tagen @ Echo 1733 Views

Bitte sachlich bleiben und konkrete Gegenargumente anbringen, danke.

Ich esse das Chlorzeug freiwillig, sogar vor Kaliumchlorid mache ich nicht Halt. Meine Magensäure ist aus Chlorwasserstoff, die kann das ab!

Eben genau das ist der Grund

sensortimecom ⌂ @, Donnerstag, 03.04.2025, 08:50 vor 26 Tagen @ Miesepeter 1147 Views


Gibt es eigentlich gerade in Europa einen - quasi neuen - Wirtschaftssektor, der händeringend nach neuen Produktionskapazitäten und Resourcen strebt? (2. rhetorische Frage)[[zwinker]]

Den gibt es nicht, weil das Patentwesen seit geraumer Zeit KAPUTT ist (nicht in allen Branchen, aber in den meisten).

UND DAS IST AUCH DER HAUPTGRUND, WARUM TRUMP IN PANIK IST.

Das Theater mit den Zöllen ist eine (sehr späte) Reaktion auf die Erschöpfungstendenzen in der Innovation bzw. im Patentwesen. Ein Thema, worüber ich bereits vor 25 Jahren auf meiner HP www.sensortime.com/index-de.html geschrieben habe. (Auch ein Buch über eigene Erfahrungen gibts, das man dort bestellen kann).

Trump, Zölle und die Folgen.

Dragonfly ⌂ @, Mittwoch, 02.04.2025, 16:15 vor 26 Tagen @ nereus 3006 Views

Es ist klar war Trump will.

1. Produktion in die USA zurückholen
2. Vielleicht sogar die Einkommenssteuern in den USA abschaffen. Das hat er mehrmals angedeutet und die Einkommenssteuer, ich müsste googeln, wurde glaube ich erst 1913 in den USA eingeführt.

Dass er zum Teil Erfolg haben könnte, siehe hier:

Weleda prüft offenbar Produktionsmöglichkeiten in den USA
Mit seiner Zollpolitik will US-Präsident Trump zum einen für Staatseinnahmen sorgen, zum anderen für die Ansiedlung neuer Fabriken. Dass er damit durchaus Erfolg hat, zeigen mögliche Pläne des Naturkosmetikherstellers Weleda.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/weleda-prueft-produktionsmoeglichkeiten-i...

Interessant sind natürlich auch niedrige Steuern und niedrige Energiekosten.

Dennoch halte ich sein Anliegen für zum Scheitern verurteilt. Gründe:

1. Ausbildungsstand zu niedrig bei den Produktionsmitarbeitern.
2. Lohnkosten zu hoch bei den qualifizierten Mitarbeitern.

Deutsche Unternehmen können sich gar nicht vorstellen, was in den USA verdient wird. Wenn da ein ITler Mitte 20 schon mit 250.000 USD nach Hause geht. Die aber auch braucht, weil Studienkosten bei 100.000 Pro Jahr liegen, Immobilienpreise utopisch sind und auch mal schnell 2.5% Grundsteuer der Immobilie im Jahr fällig wird. Wenn die Immo 1.5 Mios kostet, sind 2.5% schon en bisserl. Firmen wie Google zahlen auch keine Krankenversicherung für die Familie, nur für den Mitarbeiter.Pro Familienmitglied kommt also noch mal locker 1000 USD pro Monat an Krankenversicherung dazu. Muss man auch haben.

Auch die Idee, US-Wissenschaftler könnten im NENNENSWERTEN Umfang nach Deutschland kommen ist, bei deutschem Lohnniveau, absurd.

Deutsche Unternehmen können sich das alles gar nicht vorstellen. Unter anderem deshalb scheitern 9 von 10 deutschen Unternehmen mit dem US-Markteintritt.

Wo Trump noch falsch liegt: Handelsdefizit. Die USA haben natürlich einen Handelsüberschuss mit der EU, der nur durch statistische Fehler nicht in Erscheinung tritt:

Dunkle Materie in der amerikanischen Außenhandelsbilanz

Da gilt das alte Sprichwort: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Da muss man nicht mit Ideen wie Frau "Bareback" kommen.

Es reicht, wenn man die IP der US Firmen besteuert und außerdem selbst Einfuhrzölle erhebt. Man muss ja nicht auf US Waren Einfuhrzölle erheben, man könnte ja auf US-Produkte Einfuhrzölle erheben. Fast alle nicht immateriellen Exportgüter der US kommen aus China. Dann werden halt Apple, Dell, Nike, Underarmor, Levis Jeans oder was auch immer besteuert, egal aus welchem Land die kommen. [[euklid]]

Definition Handelsbilanz, USA muss handeln. Daten, Fakten, Quellen

Miesepeter @, Donnerstag, 03.04.2025, 10:57 vor 26 Tagen @ Dragonfly 1247 Views

bearbeitet von Miesepeter, Donnerstag, 03.04.2025, 11:41

Weleda prüft offenbar Produktionsmöglichkeiten in den USA

Interessant sind natürlich auch niedrige Steuern und niedrige Energiekosten.

Was soll eigentlich daran falsch sein, wenn die Waren bevorzugt auf dem Kontinent produziert werden, auf dem sie auch abgesetzt werden sollen? Märkte in der Größenordnung von 500 Millionen Menschen (Amerika, Europa) sind doch sicherlich groß genug, um alle Skaleneffekte erzielen zu können?

Sicherlich, ein paar komparative Vorteile (Deutsche bauen bessere Maschinen/Autos als Amerikaner, Chinesen arbeiten billiger und ermöglichen somit Lohnarbitrage, usw) gehen dabei verlustig, wenn dies radikal umgesetzt würde. Davon kann aber keine Rede sein, es wird - u.a. auch durch Trumps Zölle - nur eine gewisse Umkehr in diese Richtung ermutigt. Radikaler internationaler Freihandel birgt auch seine Problematiken, insbesondere für Länder mit eingeschränkter internationaler Wettbewerbsfähigkeit.


Wo Trump noch falsch liegt: Handelsdefizit.

Definition Handelsbilanz: Die Handelsbilanz betrifft in der Volkswirtschaftslehre und konkret in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung den Außenhandel, also den grenzüberschreitenden Export und Import von Gütern eines Staates innerhalb einer bestimmten Rechnungsperiode.

Handelsdefizit = Negative Handelsbilanz.

Handelsbilanzdefizit USA mit EU 2024: 235 Mrd USD
Zum Vergleich China: 295 Mrd USD


Dienstleistungsbilanz:Die Dienstleistungsbilanz betrifft in der Volkswirtschaftslehre und konkret in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung den Außenhandel, also den grenzüberschreitenden Export und Import von Dienstleistungen eines Staates innerhalb einer bestimmten Rechnungsperiode. Güter werden entsprechend in der Handelsbilanz erfasst.

Dienstleistungsbilanz Überschuss USA mit EU 2023: 76,5 Mrd USD (lt Statista) 108,6 Mrd lt EU:

[image]

Die USA haben natürlich einen Handelsüberschuss mit der EU, der nur durch statistische Fehler nicht in Erscheinung tritt:

Dunkle Materie in der amerikanischen Außenhandelsbilanz

Gegenbehauptung der ARD: Wo stecken die Gewinne von Microsoft, Amazon und Meta? Die europäische Statistikbehörde "Eurostat" bringt Klarheit. Die EU hatte 2023 gegenüber den USA ein Defizit bei (Computer-)Dienstleistungen von knapp 110 Milliarden Euro. Es ist in Irland gebucht, wo die Big-Tech-Konzerne ihre europäischen Hauptquartiere betreiben.

Bestätigung hierfür siehe:
Source : BaTIS (OECD), Table 2: Bilateral trade balance on services with the USA, by EU country, 2023 aus: https://www.cepii.fr/visualdata/trade_eu_usa/trade_eu_usa.html (Services = Dienstleistungen)

Ich denke, damit dürfte die Frage nach Handelsbilanzdefiziten und Dienstleistungsbilanzüberschüssen im Verhältnis US/EU geklärt sein?

--------------

Interessant nun in diesem Zusammenhang, wie sich diese Dynamik im Jahr 2025 weiterentwickelt hat:
https://www.census.gov/foreign-trade/Press-Release/current_press_release/ft900.pdf

The January increase in the goods and services deficit reflected an increase in the goods deficit of $33.5 billion to $156.8 billion and an increase in the services surplus of $0.2 billion to $25.4 billion.
Year-over-year, the goods and services deficit increased $64.5 billion, or 96.5 percent, from January 2024. Exports increased $10.6 billion or 4.1 percent. Imports increased $75.2 billion or 23.1 percent.

Um es auf einen Nenner zu bringen, das Defizit der USA explodiert geradezu in einer Weise, die absolut nicht aufrechtzuerhalten ist. Warum wird das in keiner der Kriegserklärungen erwähnt?

Stattdessen:

Die neuen Zölle seien ein »schwerer Schlag für die Weltwirtschaft«: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer:»Wenn die Zölle langfristig bleiben, werden deutsche Autobauer ihre Produktion weiter in die USA verlagern, Trump drängt die Konzerne in die Verluste und saugt die Arbeitsplätze ab. Er ist somit für uns wirtschaftlich wahrscheinlich ein größerer Feind als Putin.«

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD):
»Diese ungerechtfertigten, illegalen und unverhältnismäßigen Maßnahmen können nur zu einer weiteren Eskalation und einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale für die USA und die Welt insgesamt führen. Wir werden nicht klein beigeben: Wir werden unsere Souveränität verteidigen.«

Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen, Rasmus Andresen, sagte, es sei nun Zeit, amerikanische Techkonzerne und Banken zu sanktionieren.

Hier gibt es m.E. drei Möglichkeiten der Interpretation: entweder diese Leute haben jegliche Fähigkeit zur rationalen Betrachtung von wirtschaftlichen Phänomenen verloren, oder aber die Bürger sollen durch Kriegsrhetorik emotional darauf vorbereitet werden, dass die EU-Wirtschaft insbesondere in Deutschland von einer exportorientierten Wirtschaft auf eine klimaneutrale Kriegswirtschaft umgestellt werden muss.

Die dritte, und wahrscheinlichste Möglichkeit ist aber die Kombination dieser beiden Varianten.

Gruss,
mp

Miesepeter: unklare Ausführungen zum Handelsbilanzdefizit?

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Samstag, 05.04.2025, 13:28 vor 23 Tagen @ Miesepeter 602 Views

Hallo Miesepeter,

mir ist nicht klar, ob die Meinung von dragonfly teilst, oder nicht:

Die USA haben natürlich einen Handelsüberschuss mit der EU, der nur durch statistische Fehler nicht in Erscheinung tritt:

Dunkle Materie in der amerikanischen Außenhandelsbilanz


Gegenbehauptung der ARD: Wo stecken die Gewinne von Microsoft, Amazon und Meta? Die europäische Statistikbehörde "Eurostat" bringt Klarheit. Die EU hatte 2023 gegenüber den USA ein Defizit bei (Computer-)Dienstleistungen von knapp 110 Milliarden Euro. Es ist in Irland gebucht, wo die Big-Tech-Konzerne ihre europäischen Hauptquartiere betreiben.

Bestätigung hierfür siehe:
Source : BaTIS (OECD), Table 2: Bilateral trade balance on services with the USA, by EU country, 2023 aus: https://www.cepii.fr/visualdata/trade_eu_usa/trade_eu_usa.html (Services = Dienstleistungen)

Ich denke, damit dürfte die Frage nach Handelsbilanzdefiziten und Dienstleistungsbilanzüberschüssen im Verhältnis US/EU geklärt sein?

Du bewertest den obigen Sachverhalt nicht. In meinen Augen bestätigen die obigen Ausführung die Meinung von dragonfly.

--------------

Interessant nun in diesem Zusammenhang, wie sich diese Dynamik im Jahr 2025 weiterentwickelt hat:
https://www.census.gov/foreign-trade/Press-Release/current_press_release/ft900.pdf

The January increase in the goods and services deficit reflected an increase in the goods deficit of $33.5 billion to $156.8 billion and an increase in the services surplus of $0.2 billion to $25.4 billion.
Year-over-year, the goods and services deficit increased $64.5 billion, or 96.5 percent, from January 2024. Exports increased $10.6 billion or 4.1 percent. Imports increased $75.2 billion or 23.1 percent.

Um es auf einen Nenner zu bringen, das Defizit der USA explodiert geradezu in einer Weise, die absolut nicht aufrechtzuerhalten ist. Warum wird das in keiner der Kriegserklärungen erwähnt?

Dieses Zitat von Dir belegt das genaue Gegenteil.

Was ist Deine Meinung zum Handelsbilanzdefizit und womit begründest Du die?

Gruß
paranoia

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Zur Klärung

Miesepeter @, Sonntag, 06.04.2025, 15:16 vor 22 Tagen @ paranoia 634 Views

Hallo Paranoia,

schnell zur Aufklärung:

Die USA haben natürlich einen Handelsüberschuss mit der EU, der nur durch statistische Fehler nicht in Erscheinung tritt:

Dunkle Materie in der amerikanischen Außenhandelsbilanz


Gegenbehauptung der ARD: Wo stecken die Gewinne von Microsoft, Amazon und Meta? Die europäische Statistikbehörde "Eurostat" bringt Klarheit. Die EU hatte 2023 gegenüber den USA ein Defizit bei (Computer-)Dienstleistungen von knapp 110 Milliarden Euro. Es ist in Irland gebucht, wo die Big-Tech-Konzerne ihre europäischen Hauptquartiere betreiben.

Bestätigung hierfür siehe:
Source : BaTIS (OECD), Table 2: Bilateral trade balance on services with the USA, by EU country, 2023 aus: https://www.cepii.fr/visualdata/trade_eu_usa/trade_eu_usa.html (Services = Dienstleistungen)


Du bewertest den obigen Sachverhalt nicht. In meinen Augen bestätigen die obigen Ausführung die Meinung von dragonfly.

Nein. Die Ausführungen von Dragonfly beruhen auf der verlinkten Argumentation, und diese lautet:

Für jedes in China hergestellt Android Handy, welches nach Deutschland exportiert wird, erhält Google Lizenzgebühren. Apple lässt in China iPhones produzieren. Die Margen bei Foxconn, sind gering, die Profite fallen bei Apple an. Obwohl der Großteil der Gewinne bei US-Firmen anfällt, führen all diese Exporte nach Deutschland von China zu einem großen Handelsdefizit Deutschlands gegenüber China. Microsoft Windows und Office gehen in keine Handelsbilanz ein. Bei Export von Filmen und Musik wird lediglich ein Datenträger auf dem Server geteilt. Alls die großen Firmen der USA, deren größte Stärke Know-how, Patente und IP ist – Apple, Google, Amazon, Netflix, etc. – tauchen so gut wie nicht in der deutsch-amerikanischen Handelsbilanz auf.Dafür tauchen viel Produkte in der deutsch-chinesischen Handelsbilanz auf, obwohl der Großteil der Profite bei US-Unternehmen anfällt.

Dem habe ich entgegengalten, dass die erwähnten Leistungen (Microsoft, Google, Netflix etc) nicht in der deutsch-chinesischen Handelsbilanz (oder sonst irgendeiner Handelsbilanz), sondern in der EU-amerikanischen Dienstleistungsbilanz via Irland auftauchen. Alle diesbezüglichen Zahlen sind ausführlich in meinem vorherigen Beitrag und den verlinkten Quellen ersichtlich.

Noch eine weitere Zahl:

Dienstleistungsdefizit Irland - US: -133 Mrd €(von -114 Mrd Gesamt-EU)
Dienstleistungsdefizit EU - China: - 27,9 Mrd € (2023)


Was ist Deine Meinung zum Handelsbilanzdefizit und womit begründest Du die?

Das Handelsbilanzdefizit der USA mit der EU ist bei ca € 250 Mrd in 2024 (genaue Zahlen bitte Vorposting konsultieren)
Der Dienstleistungbilanzüberschuss der USA mit der EU liegt bei ca. € 100 Mrd, darin sind Softwarelizenzen und Cloudservices, deren Abrechnung über die EU-Zentralen der US-Konzerne in Irland laufen, enthalten.

Ich sehe nicht, dass diese Antwort einer weiteren Begründung bedarf, die Daten sind eindeutig, und die vorgebrachte Argumentation, dass US Softwarelizenzen und Cloudservices über China abgerechnet würden, ist irreführend. Sie werden über Irland abgerechnet.

Die Beweislast, bei dieser eindeutigen Datenlage, dass diese öffentlichen Daten nicht die tatsächliche Lage abbilden würden, liegt bei der Partei, welche so argumentieren möchte. Die via Dragonfly mittels des oben aufgeführten Paragrafen vorgebrachten Argumente sind m.E. mit den vorgelegten Zahlen widerlegt.

Gruss,
mp

Nochmals zur Größenordnung des US-Handelsbilanzdefizit

paranoia @, Die durchschnittlichste Stadt im Norden, Sonntag, 06.04.2025, 20:21 vor 22 Tagen @ Miesepeter 583 Views

Hallo Miesepeter,

vielen Dank für die Erläuterung!

Ich weiß nicht, wie groß das ausgewiesene US-Handelsbilanzdefizit wirklich ist. Ich gehe davon aus, dass es kleiner ist als ausgewiesen, kenne aber die Größenordnung nicht.

Ich möchte auf folgenden Sachverhalt hinweisen, hoffentlich kriege ich den richtig zusammen:

Wenn Century21 (gibt's die noch?) in Bangladesh ein T-Shirt für USD 0,50 einkauft und in seinen US-Filialen für USD 20,- verkauft, dann geht dieses billige T-Shirt nicht mit USD 0,50 sondern mit einem Betrag x, der viel größer ist als der Anschaffungspreis in Bangladesh ist, und gerade so teuer ist, das die US-Finanzbehörden nicht meckern.

Hintergrund ist, dass der Gewinn für diese Transaktion aus steuerlichen Gründen im Ausland anfallen sollen.
In die Handelsbilanz geht aber der "Importwert" des T-Shirts ein, und der bläht das Handelsbilanzdefizit auf.

US-Firmen horten meines Wissens Milliarden im Ausland, die bei Repatriierung in die USA versteuert werden müssten.

Das fertige I-Phone erlebt den gleichen Wertzuwachs, der die US-Handelsbilanz belastet, unabhängig von dem "Vorprodukt" Lizenzzahlung, das in die Dienstleistungsbilanz eingeht.

Der von dragonfly verlinkte "dark matters"-Artikel geht aber verwirrenderweise nur auf die Lizenzkompenente des Komplettprodukts ein.

Der Volkswirt, der mir das erklärte sagte auch, dass die USA bei Zinszahlungen mit dem Ausland pro Jahr einen Nettoüberschuss erzielten.
Wie könne das sein, wenn die USA doch an einem chronisches Leistungsbilanzdefizit (Handel- und Dienstleistungsbilanz negativ) litten?

Gruß
paranoia

P.S.: Zitat dieses Volkswirts: Glaube keiner Makrozahl, die Du nicht selber gefälscht hast...

--
Ich sage "Ja!" zu Alkohol und Hunden.

Neue Zahlen für neue Zeiten

Miesepeter @, Sonntag, 06.04.2025, 22:57 vor 22 Tagen @ paranoia 597 Views

bearbeitet von Miesepeter, Sonntag, 06.04.2025, 23:01

Hallo Paranoia,

Ich weiß nicht, wie groß das ausgewiesene US-Handelsbilanzdefizit wirklich ist. Ich gehe davon aus, dass es kleiner ist als ausgewiesen, kenne aber die Größenordnung nicht.

Das mag durchaus sein.

Wenn Century21 (gibt's die noch?) in Bangladesh ein T-Shirt für USD 0,50 einkauft und in seinen US-Filialen für USD 20,- verkauft, dann geht dieses billige T-Shirt nicht mit USD 0,50 sondern mit einem Betrag x, der viel größer ist als der Anschaffungspreis in Bangladesh ist, und gerade so teuer ist, das die US-Finanzbehörden nicht meckern.

Hintergrund ist, dass der Gewinn für diese Transaktion aus steuerlichen Gründen im Ausland anfallen sollen. In die Handelsbilanz geht aber der "Importwert" des T-Shirts ein, und der bläht das Handelsbilanzdefizit auf.

Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Nehmen wir anstatt eines T-Shirts ein Apple Telefon, dass bei Foxconn gefertigt wird. Foxconn verkauft es zu den Produktionskosten plus ihre Gewinnmarge an Apple.

Welches Apple? Apple China, Apple EU, Apple US?

Apple China kann man vmtl - ausser für Güter für den chinesischen Markt ausschliessen. China ist keine Steueroase, es gibt keinen Grund Apple China zur Gewinnverlagerung nach China zu nutzen.

Damit berechnet sich grosso modo ein realistischer Einkaufspreis an Apple US, Apple EU oder sonst eine Apple Gesellschaft (Apple Bermuda), was immer zur Steueroptimierung besser passt.

Entschiedend aber: der Wert in den Handelsbilanzen ab China ist einigermassen angemessen.

US-Firmen horten meines Wissens Milliarden im Ausland, die bei Repatriierung in die USA versteuert werden müssten.

Ich glaube Du spielst auf die berühmte Dutch Sandwich oder Double Irish Steueroptimierungskonstruktion an.

Ich weiss nicht, ob das heute noch aktuell ist. Die Handelszahlen Irlands weisen ein grosses Defizit mit den USA aus, Bermuda ist nicht (mehr) aufgeführt;

Der Volkswirt, der mir das erklärte sagte auch, dass die USA bei Zinszahlungen mit dem Ausland pro Jahr einen Nettoüberschuss erzielten.

Ja, aber der ist gering, ca 3 Mrd USD in 2024.

Alle Positionen der Leistungsbilanz für 2024 finden sich hier aufgeschlüsselt:
https://www.bea.gov/sites/default/files/2025-03/trans424.pdf

Wie könne das sein, wenn die USA doch an einem chronisches Leistungsbilanzdefizit (Handel- und Dienstleistungsbilanz negativ) litten?

Weil die USA auch viel Kapital (privat & staatlich) in den letzen 50 Jahren in die ganze Welt exportiert haben, und darauf Zinszahlungen erhalten - und selber ebenfalls viel Zinsen zahlen für die im Ausland gehaltenen US Bonds.

Wie auch immer, die USA haben ein BSP von fast 28 Billionen USD, ein Defizit von 1 Billionen (oder 600-800 Mrd) USD ist also irgendwo zwischen 2-3,5% des BSP. Angesichts der Tatsache, dass es die Weltleitwährung ist, welche von allen globalen Marktteilnehmern benötigt wird, ist das für sich allein betrachtet sicher nicht untragbar, 2-3% dürfte eine übliche Seignorage des Leitwährungsprivilegs sein.

Das Problem liegt m.E. eher in den Dynamiken:

-Das Handelsbilanzdefizit steigt rasant an (zuletzt im Jahresverlauf 100%)

-China versucht, sich von seinen extrem hohen USD-Beständen zu trennen - deren Disinvestment würde sich zu den jährlichen 1 Billion Defizit addieren. Wäre die Leistungsbilanz ausgeglichen, könnte China seine Dollarbestände (ca. 4 Billionen, glaube ich) veräussern, ohne den USD dabei in die Tiefe zu reissen.

-Die USA leiden aufgrund des Leitwährungsprivilegs an einer überbewerteten Währung, was ihre Fertigungswirtschaft unwirtschaftlich macht

- Die USA wollen sich für einen Krieg mit China rüsten, und benötigen dafür aber eine funktionierende Fertigungswirtschaft im Inland.

- Das US Budgetdefizit liegt bei 8-10% des BSP. Wenn man nun über Zölle (=versteckte Konsumsteuern) 2,5% und mittels DOGE 2,5% Einsparungen generieren kann, dann kommt man auf eine wesentlich nachhaltigere Grössenordnung)


Es wird nun extrem interessant zu sehen, wie die Handelspartner, insbesondere China, EU, Kanada, Mexico) mit dem deflationären Impuls umgehen, der auf sie zuschwappt.

Das ist ganz grosses Kino - und die einen oder anderen 100 Milliarden hier oder dort kann man als Grössenordnung vernachlässigen. Jetzt wird Politik in Billionen gemacht.

Gruss,
mp

Das ist ja alles ganz schoen und nett

Dragonfly ⌂ @, Dienstag, 08.04.2025, 22:21 vor 20 Tagen @ Miesepeter 462 Views

China produziert iPhones für 500 USD in China. Die Marge ist da maximal 5-10%.
Das Handy kostet in den USA 1200 USD. In Deutschland vermutlich ähnlich. Vermutlich wird es vorher noch an eine Offshore Gesellschaft in Lux oder HK verkauf. Die gigantischen Gewinne, Handelsbilanz hin oder her, fallen bei Apple in der Unternehmensbilanz an. Die Definition zeigt dann, dass China eine Handelsüberschuss gegenüber den USA und Deutschland hat. Der gesunde Menschenverstand sieht, dass es hier ein Problem gibt.

Funny. Der Avicenna-Effekt?

Miesepeter @, Dienstag, 08.04.2025, 23:34 vor 20 Tagen @ Dragonfly 562 Views

bearbeitet von Miesepeter, Dienstag, 08.04.2025, 23:44

Also zuerst behauptest Du:

Wo Trump noch falsch liegt: Handelsdefizit. Die USA haben natürlich einen Handelsüberschuss mit der EU


Das wurde widerlegt, mit Daten und Quellen.

Es fusste auf der verlinkten Behauptung, dass Software & Lizenzen nicht in der EU - USA Handelsbilanz auftauchen.

Das wurde auch richtiggestellt, ebenfalls mit Daten und Quellen.

Die gigantischen Gewinne, Handelsbilanz hin oder her, fallen bei Apple in der Unternehmensbilanz an. Die Definition zeigt dann, dass China eine Handelsüberschuss gegenüber den USA und Deutschland hat. Der gesunde Menschenverstand sieht, dass es hier ein Problem gibt.

Jetzt also muss der gesunde Menschenverstand herhalten. Irgendwo müssen doch die ganzen gigantischen Gewinne verzeichnet sein.....

Nur, Gewinne sind halt - soweit sie von der europäischen Tochtergesellschaft in die USA ausgeschüttet werden - weder in der Handelsbilanz noch in der Dienstleistungbilanz ausgewiesen, sondern mit den Primäreinkommen (Zinsen, Dividenden etc). Auch für diese Zahlen hatte ich ein Quelle verlinkt, aber lassen wir das gut sein, wir werden jetzt nicht auch noch die Bilanz der Primäreinkommen hier sezieren. Zuviele Zahlen verwirren am Ende noch den gesunden Menschenverstand, und dass China einen Handelsüberschuss gegenüber den USA und Deutschland hat, das will doch wohl niemand bezweifeln. QED. [[lach]]

Mir scheint

Kaladhor @, Münsterland, Donnerstag, 03.04.2025, 08:39 vor 26 Tagen @ nereus 1538 Views

der Donald hat wohl zu oft den Roman „Ehrenschuld“ von Tom Clancy gelesen…
Von dort kenne ich jedenfalls den Ausdruck „Reziproke Zölle“…

Grüße

--
Ich bin nicht links, ich bin nicht rechts, ich kann noch selber denken!

Immer daran denken: Wer die Altparteien wählt, wählt den Krieg!

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