Hallo stocksorcerer
Welche Schwachköpfe liebäugeln noch damit, CDU zu wählen?
Dottore in
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=86569 Re: Die "Konzerne" gehen schneller Pleite als Du ahnst! verfasst von dottore, 16.10.2001, 16:54
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Hallo dottore!
Sie haben, wie so oft, mal wieder recht.
Aber gehen sie nicht manchmal etwas zu nüchtern an's Werk?
Wenn's um Wirtschaft und deren Enträtselung geht, ist die sobrietas (=Nüchternheit) sehr angebracht (was mir gelegentlich Anfälle von ebria sobrietas beschert, für die ich mich erneut und immer wieder entschuldigen muss; zum Phänomen der ES siehe Zisterzienser und v.a.m., man steckt immer nur in seiner Haut, sorry).
Theoretisch betrachtet ist es vollkommen richtig zu behaupten, daß es ohne Schuldner keine Gläubiger gäbe oder zum Schuldenmachen wird niemand verpflichtet.
Das naturgegebene Unterschiede (Bodenbeschaffenheit / Klima usw.) oder menschlicher Fleiß die einstigen Chancengleichheiten in Ungleichheiten aufspaltete, haben Sie ja selbst mehrfach dargestellt.
Es ging in der Geschichte nicht um sich ergebende Ungleichheiten, sondern um deren Perpetuierung, die Better Offs haben sich dazu die Ausübung von Gewalt einfallen lassen, ich bin in Friedrichroda ausführlich darauf eingegangen.
Die ersten Herrschaftsformen haben sich in den fruchtbaren Flusstälern ausgebildet (Alte Welt) oder in Eroberungszügen kleiner Kriegerkasten (vor allem: Neue Welt). Resultat: Perma-Kriege bis heute, Staatenbildungen, Unterdrückungssysteme in jeder nur denkbaren Variante und derlei mehr, was wir als Menschen alles überhaupt nicht brauchen.
Nur wie ist es denn in dem Fall der Chancenungleichheit?
Chancenungleichheit ist immer der Fall. Ich kann nicht mal einen Nagel gerade in die Wand hauen. Warum konnte ich überhaupt überleben? Es gibt Chancenunterschiede, aber niemals Chancenungleichheiten. Dieses Wieselwort zielt darauf ab, jeden nur auf jeden neidisch zu machen. Ich möchte gern Klavierspielen können - warum darf ich das nicht? Weil ich es niemals könnte.
Homer war blind, wie viele Sänger (Rhapsoden). Ist er deshalb verhungert? Wir haben uns nur angewöhnt, von der Wirkung von Chancenunterschieden auf deren Ursache zu schließen. Es muss wohl Ungleichheit sein. Das ist komplett falsch wie hier schon noch und noch diskutiert wurde (Rawls etc.). Schon die Tatsache, dass wir beide hier mit Hilfe von PCs über Ungleichheiten diskutieren können (und andere nicht), zeigt, dass es Ungleichheiten gibt.
Und wenn wir uns über Ungleichheiten erregen: Warum verscheuern wir nicht unsere PCs und verschenken den Gegenwert? Ausführlich zu den ganzen Denkfehlern nochmals: G.A. Cohen: If You're an Egalitarian, How Come You're So Rich? Harvard Univ. Press 2000.
Leider werden wir ja nicht in eine Welt geboren, die gerade revolutionäre Veränderungen hinter sich brachte und wieder bei Null beginnt. Ich meine jetzt nicht Steinzeitverhältnisse, sondern eine Chancengleichheit bei den Vermögensverhältnissen.
Das mit der Stunde Null ist auch ein Denkfehler. Welche Vermögen haben sich denn über längere Zeit erhalten und warum sind immer neue dazu gekommen? Die Fugger, die Welser, die Krupps, die Stumms, die Harkorts, die Hansemanns, die Fürstenbergs, die Schickedanz, die Grundigs, die Philips, die Stinnes, die Rothschilds, die Astors, die Rockefellers, usw.: Alle mal auf Platz 1 - und heute? Vorbei, verweht, bestenfalls noch hinten in irgendeiner The Richest-Liste.
Wo waren die Li's, die Wal-Marts, die Gates, die Buffets, die Ellisons, die Aldis, die Gettys, vor 50 oder 60 Jahren? Nowhere!
Neben der ungleichen Guthaben/Schuldenverteilung verfügen manche Individuen über ansehnliche Immobilienbesitztümer und andere nicht.
Dann sprich mal mit dem deutschen Hochadel. Nur Gejaule von wegen, der Wald wirft nichts mehr ab. Thurn & Taxis? Verweht. Ich kenne Latifundistas in Deutschland, die froh sind, wenn sie über den nächsten Winter kommen (genug Holz zum Heizen haben sie immerhin).
Wir fangen doch im Normalfall nicht alle bei Null an. Mit großzügigen Beleihungsmöglichkeiten im Rücken verschuldet oder gründet es sich doch etwas leichter als nur mit der eigenen Arbeitskraft, oder etwa nicht?
Nochmal Thurn & Taxis. Der hat sich über seine eigene Bank sogar selbst beliehen. Und? Mühsam verkleisterter Bankrott. Bank weg, Brauerei weg, Schloss weg, Kunstgegenstände weg.
Außerdem: Gerade jene mit den Beleihungsmöglichkeiten machen davon am allerwenigsten Gebrauch. Ängstlich und verzagt, bloß nichts riskieren und im Winter bloß nicht frieren.
Du hast Recht: Mit der eigenen Arbeitskraft allein geht's niemals. Aber deshalb gibt's ja Arbeitsteilung und Firmen. Jeden Tag gibt's Gewerbescheine zu kaufen. Und die Hälfte kommt durch. Wo waren denn die Leute von SAP vor 30 Jahren? Sie haben es dennoch probiert und gewagt.
Als Millionärssöhnchen und der notwendigen Finanzspritze vom Papa geht es doch schließlich leichter als mit ausschließlich eigener Hände Arbeit?
Ach was Millionärssöhnchen. Die sind's nun gerade überhaupt nicht. Wie endete denn der junge Herr von Bohlen und Halbach? Es gibt allerdings auch andere, die Quandt-Erben, extrem tüchtig. Aber das schöne Startkapital ist in der Regel schneller weg als man gucken kann.
Ich will natürlich kein Volkseigentum a la Tätarattä (DDR) oder ähnliche Mätzchen und es ist mir vollkommen klar, dass einige wenige auch von Null auf eine Spitzenposition schießen können (von der Garage zum Weltkonzern).
Einige wenige? Es dürfte ein Verhältnis von 90 zu 10 sein, wenn nicht noch höher zugunsten der Newcomer.
Aber ab einer bestimmten Größenordnung kann man doch nicht mehr von fairen Chancen sprechen.
Welche bestimmte Größenordnung hat sich 200 Jahre lang gehalten? In Deutschland kein Dutzend! Villeroy & Boch als Industrielle und Sal. Oppenheim als Bank plus ganz wenige andere.
Kartellbildung, Preisabsprachen u.a. würgen doch den freien Wettbewerb schließlich und endlich ab.
Das haben wir längst hinter uns. Hätte auch nichts geholfen. Alle Kartelle platzen über kurz oder lang, siehe die Kupferkartelle des 16. Jh., siehe die Kalikartelle des 20. Jh.
Mein Geheimtipp: Die OPEC. Die fliegt auch noch auseinander, warte es nur ab. Und das obwohl sie ein Staats-Kartell ist.
Was vielleicht einst mit Einfallsreichtum und Fleiß zu Recht seine Marktposition erschloß, regiert dann nur noch mit Macht und Hinterlist (siehe Microsoft die z.T. mit Knebelverträgen ihre Software in den Markt drücken).
Microsoft - da sprechen wir uns in 10 Jahren wieder. Denen wird's nicht anders gehen wie IBM. Was ist mit IBM passiert? Weltmonopol, Knebelverträge ohne Ende. Und heute? Mickerbude. An IBM-Shorts habe ich mich mal krumm und buckelig verdient. Den Short hatte ich sogar in einem Buch als Geheimtipp genannt. Und das in der Mega-Hausse der 80er Jahre.
Und als mir der Verlagschef von Forbes (USA) sagte: "But IBM is still a powerhouse" bin ich vor Lachen vom Barhocker auf der Forbes-Yacht gefallen. Danach kamen wir auf die Reichmann-Brüder zu sprechen (ich am Boden). Denn die Yacht ankerte gerade vor den von Olympia & York (Reichmann-Immo-Mega-Konzern) gebauten Ensembles neben dem WTC.
Ich sagte dem Mann: "And the Reichmann brothers will go bancrupt." Die galten damals als die Nummer 1 im Weltimmobiliengeschäft (Canary Tower, London). Da kippte der mir sein Whiskey-Glas drüber und meinte: "You're an idiot."
Und was gingen die Reichmanns? Bankrott!
Was ist mit den Brauerei-Konzernen (typisch für Knebelungsverträge). Heute nur noch ein Schatten früherer Größe und Macht. Und so weiter, ohne Ende.
Ich bin sofort für Ihre allseits geforderte Staatszurückdrängung, wenn Sie einen plausiblen Vorschlag in die Runde werfen, wie man Industrie-Riesenkraken verhindert. Oder sollte ich da vielleicht einen Vorschlag diesbezüglich übersehen haben?
Welche Industrie-Riesenkraken? Bethlehem Steel war einer der weltgrößten seiner Branche und heute? Du hast es gerade erst gelesen: Konkurs. Opel heute? Du wirst noch Mega-Konkurse in der Auto-Industrie erleben. Der deutsche Bergbau! Ohne staatliche Krücken (Subvention pro Arbeitsplatz ca. 100.000 DM p.a.) längst geschlossen.
Nenn' mir einen Kraken und ich schätze gern, wann's ihn zerreißen wird.
Der Staat hat diese Monsterbildung freilich nicht verhindert, wahrscheinlich sogar gefördert. Diesen möglichen Einwurf will ich gleich erwidern.
Ja, Holzmann, nur als Beispiel.
Aber wer verhindert dies bei einem Minimal-Staat?
Der Wettbewerb. Oder traust Du Dir nichts zu?
Wer sagt uns, dass wir dann nicht vom Regen in die Traufe kommen?
Fallen alle staatlichen Pampers weg (Subventionen usw.) - wirst Du von heute auf Morgen völlig andere Lage haben. Dann geht's vom Regen direkt in den Sonnenschein.
Die Wirtschaft ist doch kein Verein zur Seelsorge, sondern zielt auf Gewinnmaximierung ab und da müssen naturgemäß einige oder eine ganze Menge durch den Rost fallen.
Selbstverständlich ist Wirtschaften Gewinnmaximierung. Aber nur als Versuch! Ob's klappt, entscheiden in einer freien Wirtschaft nicht die Maximierungsversucher (womit denn auch?), sondern WIR, der freie Markt. Nur leider hat der Staat den Markt bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.
Was ist denn Politik anderes als ein Wort für nichtmarktwirtschaftliche, also von allen freiwillig gesuchte Lösungen?
Als der schwachsinnige und die Umwelt vernichtende (Altmühltal!) Rhein-Main-Donau-Kanal in eine Rentabilitätsdebatte geriet und vor dem Aus stand, sagte Max Streibl, damals Finanzminister in Bayern: "Jetzt sind wir schon so weit, dass es teurer wäre aufzuhören als weiter zu machen!"
Was ist Politik? DAS ist Politik.
Gruß
d.
Ceterum censeo statum esse delendum! (Küchenlatein)
… keine Marktzerstörungs- und Umverteilungskrake."
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