Hallo MausS
Exakt dazu
Entweder Demokratie, vollzogen mittels der Herrschaft der freien Bürger(schaft), und damit erfolgend die Setzung jeglichen gesellschaftlichen Rahmens für das beherrschte gemeine Volk - oder die Herrschaft einer absolut allgemein rechenschaftslosen Schicht von Psycho- und Soziopathen, die zur mittelbaren Ausübung ihres gesellschaftlichen Machtanspruchs die von ihnen extra zu diesem Zwecke geschaffene politische Vereinigungen (Parteien) einsetzen und aushalten.
Paul C. Martin in
https://archiv.dasgelbeforum.net/ewf2000/forum_entry.php?id=324686 Re: Bürgergeld? Zurück (oder vorwärts?) zur Stammesgesellschaft verfasst von dottore, 08.07.2005, 17:39
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Bekanntlich gibt es Stammes- und Nicht-Stammesgesellschaften. In Stämmen existiert Besitz, aber kein Eigentum bzw. dieses nur in minimalen Ansätzen (vgl. Uwe Wesel's Erkenntnisse), die ihrerseits nicht zu dem führen, was wir die heutige Eigentümer-Gesellschaft nennen, mit Geld, Märkten, Zins usw…
In Stammesgesellschaften finden wir außerhalb der Subsistenzstruktur (Vorratshäuser usw.) keinerlei Investitionen. Das gemeinsam Erwirtschaftete wird verteilt und verkonsumiert. Der Häuptling investiert auch nicht (außer zur Erleichterung der Subsistenzbeschaffung, vgl. die Mythen vom Säer, Pflanzer, Damm- bzw. Kanalbauer usw.), vielmehr zeichnet er sich durch vergleichsweise höheren Konsum aus (der fette König, die Big-Chief-Problematik auf Hawaii, parallel dazu die frühe Bezeichnung LU.GAL in Mesopotamien =Großer Mann), was bis hin zu Anlage von entsprechend voluminösen Accessoires inkl. Gräbern reicht.
In Nicht-Stämmen haben wir in historischer Folge zunächst den ersten wirklichen privaten Eigentümer (Hudson), also den Clan- und/oder Priester-Chef (beides gern im Mix) nach der Eroberung von Fremd-Arealen (gelobtes Land usw.), der im bekannten Zessionsverfahren (Privilegia) von seinem Eigentum am Gesamten (vgl. Eroberer wie Alexander oder William) mehr und mehr abtritt, um sich selbst (auch Clan, Dynastie) zumindest als Ober-Eigentümer zu erhalten. Die Linie führt zum (vermeintlich) a-personalen modernen Staat der Jetztzeit. Dabei kommt jener Clan (Partei) ans Ruder, der mehr verspricht und dann auch verteilt als der andere.
Da nicht mehr verteilt werden kann, als erwirtschaftet wurde, muss eine Methode institutionalisiert werden, die denen, die auf Sofort-Konsum verzichten, einen Anreiz bietet, sich dieses zu enthalten. Dafür werden Anrechte konstruiert, die jemand zu erfüllen hat, der (in Ermangelung eines unmittelbar zu Unterwerfenden und zu Leistenden) sich irgendwo in der Zukunft tummelt und noch nicht erschienen ist (künftige Generation), aber dann (dann!) gefälligst das zusätzlich nachzuliefern oder -leisten hat, was aktuell nicht zur Verfügung stand, weil es nicht erwirtschaftet wurde.
Dieser Versuch des Transports von aktuell (zu aktuellen Preisen logischerweise, die eine Markträumung verhindern) fehlenden Gütern und Leistungen in die Zukunft (dann aber kommen sie bestimmt!) erklärt die Subventionierung von Forschung und Bildung (Ziel: mehr Wachstum) sowie der Bevölkerungsvermehrung, vom Kindergeld etc. bis neuartigen Parteiprogrammen (SPD), was dem nämlichen Ziel dienen sollte.
Kurzum: Das Phänomen der Staatsverschuldung konnte sich in Demokratien nur beschleunigen, um nur ja den Zahltag möglichst lange hinauszuzögern, an dem jene, die den Abgabentitel halten mit Hilfe von bewaffnetem Zwang (coercive power) und nicht etwa über Märkte, was geflissentlich übersehen wird sich die Güter und Leistungen jener aneignen können, die dann ebenfalls unter dem dann gegen sie gerichteten bewaffneten Zwang via Abgaben leisten und dienen müssen.
Das derzeitige System der Verteilung entfernt sich umso stärker vom seit 300 Jahren in Schwang gekommenen marktwirtschaftlichen System, je höher der Anteil der Staatsverschuldung an der gesamtwirtschaftlichen Leistung (BIP) wächst.
Das neo-liberale Modell läuft also in der Tat aus und die intensiven Befeuerungsversuche (gern mit Hilfe noch höherer Staatsausgaben und gern auch mit Hilfe sinkender Staatseinnahmen) machen diesen freiheitlichen Ansatz vollends zur Posse. Karl Polanyi hatte dies in seiner Great Transformation schon 1944 (1957) absolut klar gesehen (auch wenn er zu den Ursachen nicht vorgestoßen war): Die große Transformation (marktwirtschaftlicher Industriekapitalismus) ist eine letztlich ephemere Verteilungs-Struktur, die im 19. Jh. ihre Klimax erreicht hatte - ohne allerdings die Verteilungs-Strukturen der Stammes- (Gleichheit, Brüderlichkeit!) und gar der Feudal-Systeme (Abgaben unter Zusicherung von Schutz vor...!) zu beseitigen oder auch nur zu gefährden.
In seinem Vorwort zur Paperback-Ausgabe (2001) schreibt Joseph Stiglitz:
There never was a truly free, self-regulating market system.
Dass Stiglitz uns die Ursachen dafür vorenthält (nämlich die Persistenz von Abgaben-, also Zwangs- (und ergo non-market-)Systemen), steht auf einem anderen Blatt. Die Ökonomen schaffen es eben nicht, das zweifelsfrei nicht-marktwirtschaftliche Staats-System in ihre Modelle einzubauen. Kein Wunder, da sie selbst Teil dieses Systems sind und man ungern hinterfragt, was für eine Hand einen da wohl füttert.
… sind (Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus). Das ist freilich schon deshalb ein Scherz, da das Volk kein Etat- und damit Sich-Selbst-Besteuerungsrecht hat, das nach wie vor beim Staat verblieben ist. Dieser stützt sein Abgabenmonopol mit Hilfe seines Waffenmonopols ab und kann jederzeit festlegen, worin die Abgaben zu leisten sind (Geldmonopol).
Die Forderung nach einem Bürgergeld ist nun die logische Konsequenz aus alledem. Wir scheinen zwar in Richtung eines Neo-Liberalismus / Neo-Konservativismus zu marschieren, tatsächlich aber sitzen wir mit hohem Tempo in einem ICE namens Neo-Etatismus (Neo-Feudalismus - der Feudalherr grüßt unter dem Label Staat), der seinerseits die sog. freien Märkte trotz aller gegenteiliger Beteuerungen und Bemühungen (Globalisierung) bis zur Unkenntlichkeit verzerrt (allein das Umbuchen der Afrika-Schulden auf die Abgabenverpflichteten der Industrienationen statt die allein marktwirtschaftliche, also die Konkurs-, Vollstreckungs- und Ausbuchungslösung auch nur zu erwägen!).
Kommen wir zurück auf die Verteilungssysteme und die Tatsache, dass wir uns vom (selbst idealtypisch) marktwirtschaftlichen Verteilungssystem längst verabschiedet haben, steuern wir also auf einen interessanten Mix zu: Wie kann das quasi stammes-rituelle Bürgergeld (Grundsicherung für alle!) mit dem neo-feudalen Staatszwangssystem dergestalt vereinbart werden, dass sich die aus allen Abgabensystemen resultierenden Segnungen wie Eigentum, Geld, Zins usw. nicht gleichzeitig, parallel dazu oder in geziemender zeitlicher Folge verflüchtigen?
Es geht also in der Tat nicht um die Frage des Bezahlens, sondern vielmehr darum, was passiert, sobald es eingerichtet ist und jedermann einen Anspruch darauf hat, also (auf dem formalen Umweg über den Staat) in die Rolle dessen schlüpft, der Zwangsabgaben einfordern kann.
Es wird über kurz oder lang zu einer Zwangs-Stammesgesellschaft kommen. Solange noch Abgaben in Geld (GZ / STZM) erhoben werden (können), werden sich Marktreste (also der Versuch Abgabenverpflichteter, den Abgaben durch Einsatz von Know-how, Produktivität usw. zu entziehen) halten. Bricht das GZ-STZM-System zusammen, ist wieder Subsistenzwirtschaft angesagt. Alle sitzen um ihre Lagerfeuer, teilen die physischen Subsistenzmittel untereinander auf, wobei die härter Arbeitenden in der Tat die größeren Stücke verzehren dürfen.
Und das gesamte BIP wird wieder aus dem bestehen, aus dem es schon einmal bestanden hatte: Aus Konsumgütern. Hat was.
Irgendwann (nach Staatserledigung) erscheint dann wieder ein Trupp Bewaffneter am Horizont, um die Surplus-Erzwingung zu seinen Gunsten zu vollziehen. Und die nächste Nummer kann steigen.
Die Richtung stimmt also und was den Gang der Dinge dahin beschleunigt (und das Bürgergeld ist ein Riesenschritt) mag begrüßen, wer möchte.
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Gruß - Ostfriese