Insolvenz verboten, kann das jemand bestätigen?

Andudu, Mittwoch, 10.05.2023, 12:50 vor 324 Tagen 4876 Views

Angeblich behandelt der Staat Insolvenz wie eine Veräußerung und will das besteuern?

Das erscheint mir irgendwie etwas unterkomplex dargestellt, kann das jemand erläutern? Ich kann das überhaupt nicht einschätzen, denn Steuerrecht ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln, aber kann es sein, dass die Grünen versuchen, damit Insolvenzen zu verhindern und/oder zusätzliche Einnahmen zu generieren?

Ich zitiere mal aus:
https://ansage.org/haltet-die-reichen-neue-wegzugsbesteuerung-erinnert-an-mauer-und-ddr/

"Die Tochter erzählte nun, dass es für den strauchelnden Tradtionsbetrieb während der Corona-Hysterie nicht einen Cent an Überbrückungshilfen gegeben hatte. Die Kosten hatten die Einnahmen überstiegen, die Kinder waren stets vom Kellnerjob und Mithilfe bei Weinlese und Keltern zurück in bürgerliche Arbeitsverhältnisse gewechselt. Die Eltern sind nun zu alt, um den Betrieb noch alleine weiter führen zu können.

Nun wollte der Sohn den nichts mehr erwirtschaftenden Agrarbetrieb beim Amt abmelden. Die Folge, laut der Tochter: Es trudelte ein Bescheid über weit 100.000 Euro ein, Fälligkeit sofort. Die Kindern hätten also Haus und Hof und Weinreben ohne Widerspruch verloren und sich einen Kredit von 100.000 Euro besorgen müssen – für nichts und wieder nichts."

Versuch einer Antwort

Michael Krause, Mittwoch, 10.05.2023, 14:53 vor 324 Tagen @ Andudu 3344 Views

bearbeitet von Michael Krause, Mittwoch, 10.05.2023, 14:59

Hier geht aber auch alles durcheinander. Ohne die Einzelheiten des Winzers zu kennen, einige generelle Aussagen:

Verkauft ein Unternehmer sein Unternehmen, fällt Einkommenssteuer an.
Verlagert der Unternehmer seinen Wohnsitz ins Ausland, wird unter bestimmten Voraussetzungen eine fiktive Veräußerung unterstellt. Ergo Steuerpflicht.
Geht das Unternehmen insolvent, liegt keine Veräußerung vor. Was soll da besteuert werden? Relevant werden kann dann aber noch die Geschäftsführerhaftung.

Ich vermute, dass in dem Fall des Winzers eine Betriebsaufspaltung vorlag, d.h. das Grundstück wird in Privateigentum gehalten und wurde an den Betrieb vermietet. Dann müssen bei einer Einstellung des Betriebs (auch infolge einer Insolvenz) die stillen Reserven (Different Buchwert und gemeinem Wert) aufgedeckt und versteuert werden. Das ist eine Falle, in die viele Mittelständler gegangen sind. Angesichts gestiegener Grundstückspreise kann das teuer werden.

Ok, vielen Dank...

Andudu, Donnerstag, 11.05.2023, 09:21 vor 323 Tagen @ Michael Krause 1049 Views

Dann müssen bei einer Einstellung des Betriebs (auch infolge einer Insolvenz) die stillen Reserven (Different Buchwert und gemeinem Wert) aufgedeckt und versteuert werden. Das ist eine Falle, in die viele Mittelständler gegangen sind. Angesichts gestiegener Grundstückspreise kann das teuer werden.

...Steuerrecht ist echt pervers :-)

Was soll denn die stille Reserve eines Betriebes sein, der den Grund nur gemietet hatte? Wo sind da Werte versteckt, die eine 100k-Euro Besteuerung rechtfertigen könnten? Kannst du da ein Beispiel anführen, das würde mir zum Verständnis sicher weiterhelfen.

da sehe ich nichts problematisches

Dieter @, Mittwoch, 10.05.2023, 16:35 vor 324 Tagen @ Andudu 2636 Views

Hallo Andudu,
bei Deinem Fallbeispiel hat der Sohn/bzw. seine Eltern gegenüber dem Finanzamt die Betriebsaufgabe des landw. Betriebes erklärt, was nichts anderes bedeutet, als daß der Betrieb mit seinen Grundstücken und Gebäuden ins Privatvermögen überführt wird.
Es wird behandelt wie eine Entnahme. Und Entnahmen werden zum Verkehrswert bewertet. In diesem Fall wird es einen Unterschied zwischen Bilanzwert und Verkehrswert gegeben haben, der mind. 200.000 beträgt.
Der Sohn/bzw. die Eltern hätten den Betrieb nicht abmelden brauchen, sondern einfach ruhen. Dann wäre keine Steuer fällig geworden, auch nach Jahrzehnten nicht, auch durch Vererben nicht.

Gruß Dieter

--
Es wird Zeit, daß die NATO, eine aggressive Partei, verlieren lernt.

Danke, jetzt verstehe ich (vielleicht :-) ...

Andudu, Donnerstag, 11.05.2023, 09:26 vor 323 Tagen @ Dieter 1198 Views

...es liegt also vermutlich daran, dass das Land nicht mehr für Landwirtschaft genutzt und dadurch wertmäßig höher bewertet wird?

Solche Seltsamkeiten habe ich zwar nie verstanden (warum ist der Bilanzwert in der Landwirtschaft soviel niedriger, als außerhalb von ihr?), aber das scheint historisch gewachsen.

zur Steuersystematik bei Betriebsvermögen

Dieter @, Donnerstag, 11.05.2023, 13:45 vor 323 Tagen @ Andudu 1079 Views

bearbeitet von Dieter, Donnerstag, 11.05.2023, 13:50

Hallo Andudu,

ich möchte es mal möglichst einfach erklären:

Beim Betriebsvermögen werden alle Anlagegüter erst mal mit den Anschaffungskosten bewertet, einschl. Grundstücken und Gebäuden (wenn die über Generationen vererbt wurden, dürfte der Betrag sehr niedrig sein), andere Wirtschaftsgüter werden bei der Bilanzierung jährlich mit den zulässigen Prozentsätzen abgeschrieben. Somit ergibt sich ein Bilanzwert (steuerlicher Vermögenswert).

Bei Landwirten ist es so, daß bei Stillegung des landw. Betriebes die Finanzverwaltung nur dann von einer Betriebsaufgabe ausgeht, wenn der Inhaber das ausdrücklich schriftlich beantragt hat. Er muß es nicht, auch nach 100 Jahren noch nicht. Es liegt in der Entscheidung des Inhabers und nicht in der Entscheidung des Finanzamtes, anders als bei Gewerbebetrieben.

Erklärt der Steuerpflichtige allerdings die Betriebsaufgabe, dann wird der Teilwert (steuerl. Begriff, der den realen Wert abbilden soll, wenn der Betrieb im ganzen veräußert würde) herangezogen und mit dem Bilanzwert verglichen. Sollte der Teilwert höher sein als der Bilanzwert (was üblich, aber nicht zwingend ist), so ist dann bei erklärter Betriebsaufgabe die Differenz als Veräußerungsgewinn zu versteuern - da Überführung ins Privatvermögen.

Für Veräußerungsgewinne gibt es noch einmal Vergünstigungen zum halben Steuersatz.

soweit erst mal.
Gruß Dieter

--
Es wird Zeit, daß die NATO, eine aggressive Partei, verlieren lernt.

Betriebsaufgabegewinn

Michael Krause, Donnerstag, 11.05.2023, 11:36 vor 323 Tagen @ Dieter 1225 Views

Hallo Dieter, hast recht. Die Steuerschuld könnte auch auf einen Betriebsaufgabegewinn beruhen.

Man bräuchte mehr Informationen.

@Andudu. Betriebsaufspaltung und die steuerrechtlichen Konsequenzen versteht sowieso kein Mensch. Bitte erspare mir das. Wie heißt es so schön, fragen sie ihren Arzt oder Apotheker oder den Steuerberater (bin ich selber nicht). Die Wege des Staates an das Geld seiner Untertanen zu gelangen sind unendlich.

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