Aushöhlung des Rechtsstaats im Kleinen

Hans @, Samstag, 28.01.2023, 06:30 vor 448 Tagen 4256 Views

Folgender Fall: Ein bestelltes Taxi, das zum Urlaubsantritt eine Familie in der Frühe zum Busbahnhof bringen sollte, kommt einfach nicht. So muss der Familienvater in der Not das eigene Auto benutzen und es eine Zeit lang im Parkhaus abstellen. Neben der Hektik entsteht dadurch ein Schaden, dass die Parkgebühren höher sind als die eingesparten Taxikosten.

Nach der Reise lehnt die Taxifirma mit Hilfe einer eingeschalteten Rechtsanwaltskanzlei einen Schadensausgleich ab. Die Übermittlung von Beweisen führt dann zu einem Angebot, das nur einen Teil des Schadens abdeckt. Nach Geltendmachung des ganzen Schadens schalten die Kanzlei und die Firma um und verweigern trotz mehrfacher Aufforderung irgendeine Reaktion.

Dieser überschaubare Rechtsstreit lässt den Verdacht aufkommen, dass Firma und Rechtsanwalt gemeinschaftlich Recht brechen statt es durchzusetzen. Vor allem: Ein Jurist beugt das Recht statt es zu pflegen.

Was tun? Anzeige bei der Rechtsanwalts-Zulassungsbehörde? Besorgung eines gerichtlichen Mahnbescheids beim Mahngericht? Eine weitere E-Mail-Mahnung mit Hinweis, die Behörden einzuschalten? Verzicht auf den kleinen Geldbetrag und dafür eine gepfefferte Bewertung im Internet? Wie verhält man sich am klügsten beim nächsten Mal?

Danke für Euer Interesse, und Grüße in die Runde!

AGB studieren?

Manuel H. @, Samstag, 28.01.2023, 07:50 vor 448 Tagen @ Hans 2430 Views

Als häufiger Taxifahrer kenne ich das, dass ab und an schlicht niemand kommt. Ich vermute mal ganz stark, dass die Taxizentralen wie auch die Fahrer eine Haftung für eventuelle Schäden in ihren AGBs ausgeschlossen haben.

Denn Taxifahrer können verunfallen, im Stau stecken bleiben, eine Autopanne haben, der Funk gestört, eine Demo die Straßen gesperrt usw.

Ich denke mal, dass man nicht mehr erreichen kann als dass die Taxifirma als goodwill irgendwas Tröstliches anbietet.

Ein Richter wird schlicht feststellen, dass es einem Taxikunden zuzumuten sei, seine Taxifahrten zeitig so zu planen, dass er bei einem Ausfall dennoch zum Ziel kommt, indem er eine andere Taxifirma beauftragt oder sich einen Leihwagen nimmt, den man üblicherweise an Flughäfen wieder abgeben kann. Wie das auf dem platten Land zu realisieren sein soll, weiß ich allerdings auch nicht.

Im Sinne der Schadensminimierungspflicht wäre dem Geschädigten vielleicht auch noch vorzuhalten, dass er das Auto doch hätte auf einen kostenlosen Parkplatz umparken lassen können. :-)

Alles richtige Argumente. oT

Olivia @, Samstag, 28.01.2023, 12:07 vor 447 Tagen @ Manuel H. 1251 Views

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For entertainment purposes only.

Anwälte als Organe der Rechtspflege

Echo @, Samstag, 28.01.2023, 09:51 vor 447 Tagen @ Hans 1953 Views

bearbeitet von Echo, Samstag, 28.01.2023, 10:01

Die Anwälte haben in erster Linie 1 im Sinne: ihr eigenes Salär. An zweiter Stelle die Interessen des Auftraggebers, nicht der Gegenseite. Habe selber schon viele (!) völlig absurde Anwalts- und Inkassoschreiben (auch inkassounternehmen brauchen eine Zulassung) abgewehrt. Fast immer wird bei Kostenrechnungen übertrieben: Schäden, Zinsen, Auslagen, Honorar. Wenn sie faul sind handeln sie mit der Gegenseite meistens einen Vergleich aus, kein Bock auf Gericht, Streitwert zu niedrig, Aufwand hoch. So eine Anklageschrift schreibt sich nicht von alleine (strotzt meistens außerdem vor Copy Paste Fehlern). Wer sich im Recht fühlt sollte den Gang zum Gericht nicht scheuen. Im vorliegenden Fall kann ich hierzu keine abschließende Prüfung vornehmen; mit etwas Recherche findet man wahrscheinlich ähnliche Situationen.

Anstatt mit Anwälten zu diskutieren empfehle ich meistens folgendes.
Als Gläubiger: Frist setzen mit Hinweis auf Mahnantrag. Dann gelben Brief beantragen. Das kostet meist nur einen zweistelligen Betrag. Geht online und die Gerichtshotline hilft einem bei Problemen. Legt die gegenseite Widerspruch ein dann landet das ganze vor Gericht und kostet noch etwas extra. So weit kam es bei mir aber nie weil es immer akzeptiert wurde.
Als Beschuldigter: Bestreiten der Forderung mit der Bitte um ordentliches Gerichtsverfahren.


Beschwerden bei der anwaltskammer bringen nicht wirklich was weil die meisten Anwälte einfach nur Rechtsverdreher sind, die decken sich gegenseitig (deswegen auch der Versuch eines Vergleichs. So kommt das wahre Recht nie zum Tragen)...

Ergänzung

Manuel H. @, Samstag, 28.01.2023, 10:23 vor 447 Tagen @ Echo 1589 Views

Keine Angst vor Mahnbescheiden.

Als Kläger
MAhnbescheide sind ziemlich preiswert und einfach auszufüllen, das Gericht prüft nix.
Verpennt der Beklagte die Widerspruchsfrist, hat man schnell einen Titel, den man vollstrecken lassen kann.
Verpennt der Beklagte nach Widerspruch den Gang vor Gericht, kann man ein Versäumnisurteil erlangen und hat auch einen Titel.

Als Beklagter
unbedingt den Widerspruch ausfüllen und abschicken.
Manche Kläger klagen dann gar nicht.
Wird geklagt, unbedingt erscheinen.
Die Richter werden aus Arbeitsersparnis gerne Vergleiche vorschlagen.

Bei aussichtslosen Mahnbescheiden daran denken, die Gerichtskosten sind MickyMaus, die eigenen und vor allem die gegnerischen Rechtsanwaltskosten hauen aber rein.

Im Taxifall meine Empfehlung:
Mahnbescheid ja, nach Zugang per E-Mail Vergleich signalisieren und annehmen, wegen fehlender Erfolgsaussicht kein Gerichtsverfahren anstreben.

Bei einem Vergleich bleiben die Anwaltskosten !

Joe68 @, Samstag, 28.01.2023, 10:55 vor 447 Tagen @ Manuel H. 1554 Views

Als Laie weiß ich jetzt nicht ob bei einem Vergleich die gegnerischen Anwaltskosten mit bezahlt werden müssen, oder ggfs nur die eigenen.

Mit meinen über 50 Lebensjahren an Erfahrung, jeder Kompromiß ohne Anwalt ist besser als 90% aller Rechtsstreitigkeiten vor Gericht (Kosten, Dauer bzw nervliche Belastung da die Schreiben für Laien sehr belastend/einschüchternd sind).

Die aktuelle Inflation kostet den Geschädigten weit mehr als die Parkgebühren, ich würde da eine Mahnung schreiben und nehmen was angeboten wird. In 5 Jahren hast es eh vergessen, während bei einem langdauernden Gerichtsverfahren sich das über Jahre hinzieht .... verlorene Lebenszeit.

Vergleich und Anwaltskosten

Manuel H. @, Samstag, 28.01.2023, 11:20 vor 447 Tagen @ Joe68 1562 Views

Die Aufteilung der Kosten des Verfahrens kann in einem Vergleich frei vereinbart werden. Meist trägt jede Partei die eigenen (was sehr unterschiedliche Beträge sein können)

Bevor man also in ein Gerichtsverfahren einsteigt, sollte man diese Kosten kalkulieren.

Gewinnt man, dann alles gut.

Vergleicht man,

Auf Kläger-Seite
dann wird oft die ursprüngliche Forderung durch die Prozesskosten aufgefuttert

Auf Beklagten-Seite
dann wird zwar die Forderung abgewehrt, aber durch die Prozesskosten ist das Geld dennoch weg.


Verliert man, dann hätte man besser dem Mahnbescheid nicht widersprochen und gleich gezahlt.

Bei zivilrechtlichen Auseinandersetzungen wird meist verglichen.

Ehrlich gesagt. Wegen so 'nem Kleinkram würde ich meine Lebenszeit nicht opfern.

Plancius @, Samstag, 28.01.2023, 10:25 vor 447 Tagen @ Hans 1990 Views

Die Sache war in dem Fall sicher ärgerlich. Sicher bist du auch im recht.

Aber seien wird doch mal ehrlich. Es passieren im Leben viele unangenehme Dinge, wo andere objektiv schuldig sind und nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Um im seelischen Gleichgewicht zu bleiben, muss man als Mensch aber auch lernen, etwas wegzustecken und die Souveränität besitzen, über den Dingen zu stehen.

Die Sache hat dich vielleicht 100 EUR mehr an Parkgebühren gekostet im Vergleich zum Taxi. So what!

Mir wäre meine Lebenszeit zu kostbar, wegen Prinzipienreiterei aufgrund eines solch zugegebenermaßen lapidaren Zwischenfalls einen Rechtsstreit vom Zaun zu brechen.

Gruß Plancius

--
"Natürlicher Verstand kann fast jeden Grad an Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand." ARTHUR SCHOPENHAUER

Wolte gerade dassselbe schreiben. Für so einen Fall ist ausschließlich zuständig...

Mephistopheles, Samstag, 28.01.2023, 12:20 vor 447 Tagen @ Plancius 1792 Views

Die Sache war in dem Fall sicher ärgerlich. Sicher bist du auch im recht.

Aber seien wird doch mal ehrlich. Es passieren im Leben viele unangenehme Dinge, wo andere objektiv schuldig sind und nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Um im seelischen Gleichgewicht zu bleiben, muss man als Mensch aber auch lernen, etwas wegzustecken und die Souveränität besitzen, über den Dingen zu stehen.

Die Sache hat dich vielleicht 100 EUR mehr an Parkgebühren gekostet im Vergleich zum Taxi. So what!

...Das königlich bayerische Amtsgericht

:-P [[hüpf]] [[euklid]]

Offenkundig aber schwierig ...

Lenz-Hannover @, Samstag, 28.01.2023, 11:51 vor 447 Tagen @ Hans 1615 Views

Danisch hatte das kürzlich mit Haftung bei der Blockade von Straßen, entweder vorsätzlich oder durch einen Unfall. Mancher bekommt was, andere nicht, diverse Instanzen.

Grundlegend:
- Hast du nachweisbar die Taxe "angemahnt"?
- Hast du eine neue Taxe bestellt?
- Hast du es vielleicht bei Nachbarn versucht?

Du hat eine Pflicht zur Minderung des Schadens.

Hat die Taxe AGBs?
Was steht im BGB dazu?

Die Kosten für Rechtsverdreher sind üppig und Steinhöfel sagte mal: Selbst wenn er gegen das Zensurbuch gewinnt ZAHLT der Sieger oft 4 stellig dazu, weil die Gegenseite nicht alles übernehmen muss.

Mahnbescheid & mit Bild-Zeitung drohen ... - den PR-Gau will keiner.

Kommt darauf an, ob du dich gerne streitest, oder ob du deine Lebenszeit lieber anderweitig verwendest.

Olivia @, Samstag, 28.01.2023, 12:05 vor 447 Tagen @ Hans 1636 Views

Meine überwiegende Erfahrung mit dem Einsatz von Anwälten ist: Es lohnt sich nicht! Es kostet Zeit und Geld!..... und Lebenszeit!

Bisweilen kommt man nicht darum herum, Anwälte einzusetzen, aber wenn man das vermeiden kann, dann sollte man das lassen und lieber "zahlen".

Die Angelegenheit durchkalkulieren - "lohnt" es sich? Ist es nötig?... oder reagiere ich damit lediglich irgendwelche Emotionen ab?

Recht und Gerechtigkeit sind zwei unterschiedliche Dinge. Das sollte man immer im Auge behalten, auch wenn es nicht schön ist.

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