Das große Problem

Phoenix5, Freitag, 05.01.2018, 23:36 (vor 2513 Tagen) @ Andudu9588 Views
bearbeitet von unbekannt, Samstag, 06.01.2018, 00:05

Hallo Andudu!

Du suggerierst, dass Nahrung immerzu im Überfluß vorhanden sei und
unterschlägst die Räuber-Opfer-Dynamik. Wenn es genug Nahrung gibt, dann
vermehren sich auch ganz übermäßig diejenigen, die sie verbrauchen. Denn
auch die produzieren mehr Nachwuchs als zum Überleben notwendig. Redundanz
ist eine Art Naturgesetz.

Zustimmung. Die Natur wird von Zivilisten gern romantisiert, aber letztendlich basiert ihre Balance auf Fressen, Gefressen werden und Verhungern. Es ist nie genug für alle da. Denn sobald genug da wäre, vermehrt sich alles, was davon zehrt und zwar so lange, bis nicht mehr genug da ist (verhungern) und/oder die parallel sich dazu vermehrenden Jäger der Vermehrung ein Ende setzen und zwar so lange, bis nicht mehr genug da ist (verhungern) und/oder...ad infinitum.

Diejenigen die am erfolgreichsten dabei waren, sind: die Menschen

Ja, der Sündenfall war der Bruch der Zeit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Tiere leben ausschließlich in der Gegenwart. Sie planen nur instinktgesteuert. Weil wir aus der Vergangenheit zu lernen glaubten (die Natur ist grausam), versuchten wir sie in der Gegenwart zu verbessern, um in der Zukunft das Paradies ewiger Schuldlosigkeit zu erschaffen oder wie Nemo schrieb:

"All unser Tun wird damit gerechtfertigt, dass wir eine bessere Welt schaffen
wollen. Finde den Fehler."

Die Leute flohen ja nicht aus Europa nach Amerika, weil dort das Wetter so
schön ist und "Indianer ermorden" Spaß macht, sondern weil sie hier
Hunger litten, dort aber die Aussicht auf ein fruchtbares Stück Land
hatten.

Nicht umsonst hat sich der Kapitalismus zuerst in der m.W. damals am
dichtesten besiedelten Region, mit dem rauesten Klima, nämlich in
Nordeuropa, entwickelt. Wenn Ressourcen knapp sind, braucht man einen
Mechanismus um sie zu verteilen und zu bewirtschaften und da ist
Kapitalismus vielleicht nicht der optimale, aber der naheliegendste
(immerhin gab es immer schon Märkte und auch schon lange Geld und dessen
Verleiher).

Und man kann sagen was man will, er schafft es, viel mehr Leute
viel reichlicher zu ernähren und am Leben zu erhalten, als alle vorherigen
Systeme.

Ja, aber zu welchem Preis? Auch hier schlägt ja die eben von dir beschriebene Dynamik wieder zu: Je mehr Menschen ein System ernähren kann, desto mehr vermehrt sich der Mensch, bis das System eben nicht mehr alle ernähren kann. Und daneben gibt´s noch eine ultrakomplexe, hochvernetzte, fragile Weltgesellschaft gratis dazu. Wir haben sich Annehmlichkeiten (nicht einmal da bin ich mir sicher, wenn das Ziel des Menschen Zufriedenheit sein soll) über Jahrhunderte erkauft, für den Preis der ultimativen Katastrophe für die gesamte Menschheit. Der Weg zur Wahrheit führt immer über einen Kreis. Nachdem der Mensch sich von der Natur emanzipiert hat, um das Heil in einer Problemlösungs-Gesellschaft zu suchen, wird er nach der Katastrophe begreifen lernen müssen, dass sein größtes Problem seit jeher war, Probleme zu lösen.

Der Ursprung all dieses größenwahnsinnigen Strebens ist ja die Angst vor dem Tod. Am Ende soll die Unsterblichkeit stehen und am Weg dorthin sind wir prima von unserer Sterblichkeit abgelenkt. Der Mensch muss lernen den Tod zu akzeptieren. Es kann nicht sein, dass tausende Tiere zu Tode gefoltert werden, bloß damit wir das Leben eines Krebspatienten für 2 Monate verlängern können (und das ist nicht übertrieben. Die Krankenkassen zahlen auch Medikamente, welche die Lebensdauer statistisch auf 2 Wochen erhöhen). Menschen sterben nun mal. Das ist traurig, aber zu akzeptieren. Ideal wäre natürlich, wenn die Wissenschaft zum Befruchter einer neuen Religion der Zukunft werden würde, wenn diese nämlich Indizien dafür liefern könnte, dass der Tod nicht das (individuelle) Ende ist. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und ich kann und will es noch nicht genau formulieren, aber ich habe das seltsame Gefühl, dass aus der KI-Richtung in den nächsten Jahrzehnten irgendeine Überraschung kommen wird, die niemand auf dem Radar hatte. Zumindest träumen wird man noch dürfen. Gäbe es solche Indizien und würde man sie mit einer neuen Religion vermengen, wäre das Zivilisationsproblem schlagartig erledigt.

Hast du einen Garten? Ich habe einen und zwar am Ortrand. Seitdem weiß
ich, dass man mit massiver Redundanz wirtschaften muss, wenn man
überhaupt was ernten will. Meine Walnüsse haben sich z.B. die Krähen
geholt (zusammen mit den wenigen Äpfeln die dranhingen). Stachelbeeren und
Johannisbeeren sind einer handvoll Amseln zum Opfer gefallen, die
normalerweise die Kirschen fressen, die letztes Jahr Dank Spätfrost
komplett ausgefallen sind. Da habe ich Wühlmäuse und Maikäfer (fressen
die Wurzeln ab) und diverse Gemüsekrankheiten, Läuse, Schnecken usw. noch
gar nicht erwähnt.

Das ist sicher wahr, aber ich will es nicht so pessimistisch sehen. Das große Problem ist die Überbevölkerung. Würde man diese in den Griff bekommen, könnte ich mir schon vorstellen, dass der Mensch zusammen mit den bisherigen technologischen Errungenschaften in echtem Überfluss leben kann, selbst wenn man die Schäden durch Fressfeinde abzieht. Das Problem ist, dass dann jemand da sein muss, der die Menschen von der Vermehrung abhält, damit das Spiel nicht wieder von vorne losgeht. Ohne Zentralmacht geht´s dann irgendwie doch nicht.

Du hast keinen blassen Schimmer, was ein guter moderner Landwirt leistet
und mit welchem vergleisweise geringen Aufwand. All das allein deshalb,
weil wir im Kapitalismus leben und für jeden Schei**dreck Maschinen,
Chemie und ausgeklügelte Handlungsanweisungen haben. Wir würden
verhungern, wenn es nicht so wäre. Deutschland könnte seine Bewohner
ohnehin nicht mit seiner Fläche ernähren und beheizen, wir sind auf
Handel angewiesen.

Naja, wäre es nicht so, wären wir auch nicht so viele. Wie du selbst sagst: Je mehr wir an Überfluss erwirtschaften können, desto mehr werden wir. Das ist ja das große Paradoxon der Linken, die immer gern davon schwadroniert, dass mit unserer Produktivität niemand hungern müsste. Sie kreiden damit immer gern die Schere zwischen arm und reich an und wie viel Lebensmittel in den 1.Welt-Ländern auf den Müll landen. Darauf kann man nur erwidern: Der Kapitalismus beruht eben auf der Schere von arm und reich. Nur auf dieser Basis funktioniert er überhaupt. Eine Schließung der Schere würde mit der Abschaffung des Kapitalismus einhergehen und dann wäre aber niemand mehr da, der soviel Nahrung produziert, damit wir sie wegwerfen können.

Der Sündenfall ist Privatisierung und Eigentum an der Natur.


Diese albernen kommunistischen Tendenzen machen mir Angst.

Ich sehe den Kapitalismus, zumindest die extremen Formen, durchaus als
Problem. Dabei ist aber Privatisierung und Eigentum eher das kleinere und
wird normalerweise mit Kosten (Grundsteuer usw.) und Aufwand
(Landschaftspflege) ohnehin unattraktiv gemacht.

Das Problem beim Kapitalismus ist die Kapitalkonzentration. Zusätzlich
der Wachstumszwang durch Schuld und Verzinsung.

Alles eine Frage der Populationsgröße. Individualisierte Menschenmassen brauchen Eigentum. Kollektive Gemeinschaften nur Besitz.

Beste Grüße
Phoenix5


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