Soll nun auch noch der Einbau im Arbeitszimmer erzwungen, ggf. zwangsvollstreckt werden?

Hannes, Freitag, 03.03.2017, 01:09 (vor 2823 Tagen) @ 16142 Views

Nach meiner Empfinden skandalös, verlangt nun die Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg mbH von ihren Mietern auch noch die Duldung des Einbaus in Arbeitszimmer und Wohnzimmer und droht sogar mit der Zwangsvollstreckung, so deren Schreiben.

Aber weder sieht die Landesbauordnung vor, Rauchwarnmelder (die detektieren giftige Rauchgase und wecken dann die im Raum Schlafenden) in einem Arbeitszimmer (!) einzubauen, noch könnte der gesunde Menschenverstand dieses Ansinnen der WoBau nachvollziehen! Das hatte ja auch das Landgericht Magdeburg schon in der Begründung zu seinem Beschluss zur Zurückweisung der Berufung festgestellt, Zitat:

[color=#000Faf]„Unerheblich sind auch die Ausführungen der Beklagten, wenn sie sich dagegen wenden, im Arbeitszimmer Rauchmelder installieren zu lassen. Die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts beinhaltet bereits keine Verpflichtung der Beklagten, eine solche Installation zu dulden. Vielmehr wird dort entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung nach § 47 LBauO die Duldungspflicht auf Wohn - und Schlafräume sowie Flure der Wohnung erstreckt.“
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Jegliche Informationsgespräche (Verhandlungen sowieso) mit den Mietern hatte die Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg mbH bis heute abgelehnt. Insbesondere darüber, was deren geplante Überwachungsgeräte an den Zimmerdecken denn so alles registrieren sollen? Und wie die das, an wen, weiter melden? Wie die Daten verknüpft, gespeichert und gelöscht werden sollen und so weiter?

Die WoBau hatte ihre Mieter vorgeblich zu ihrem eigenen Schutze vor Gericht gezerrt, obwohl diese im konkreten Fall bereits seit Jahren nachweislich eigene vollwertige zertifizierte Rauchwarnmelder betreiben und somit der ursprüngliche Zweck des vorgenannten Landesgesetzes rein formal längst erfüllt worden war. Und, noch wichtiger: Diese Menschen hatten ja bereits seit Jahren ihren Schutz realisiert, der ja behaupteter Zweck des ganzen Theaters gewesen sein sollte!

Wir erinnern uns: Es hatten sich einmal „Menschenfreunde“ zusammengetan und Gesetze veranlasst, die Menschen zwingen sollen, sich retten zu lassen, durch sogenannte Rauchwarnmelder, welche definiert sind durch ihre reine Weckfunktion. Politiker hatten das Gutmenschenprojekt auch hier in Sachsen-Anhalt endlich abgesegnet und den Einbau von Rauchwarnmeldern in Schlafzimmern wurde zur gesetzlichen Pflicht gemacht. Wer dafür zuständig ist? Das festzulegen, ist damals "vergessen" worden. Also hatte sich die Wohnungsbau Gesellschaft Magdeburg mbH diese Zuständigkeit flugs angeeignet, Zauberwort: „Modernisierung“ (= Profit machen bekanntlich) und ihre „renitenten“ Mieter auf Duldung verklagt. Ohne eine Diskussion zuzulassen, ob es nicht vielleicht sinnvollere Lösungen gäbe, wenn es wirklich darum ginge, Menschen vor dem Ersticken zu retten.

Im konkreten Fall endlich, nach verlorenem Prozess, mussten die Mieter dem Einbauen der Funkgeräte in ihren Räumen gemäß Landesbauordnung zustimmen - ohne irgend ein Zugeständnis seitens der Vermieterin erlangt zu haben.

Nun ist also folgender, idiotischer Zustand gerichtlich erzwungen worden: Den seit Jahren (der nachfolgend in Kraft getretenen Landesbauordnung bereits voll entsprochen habend) wachenden Rauchwarnmeldern im Schlafzimmer bzw. zwei auf dem Fluchtweg, hat nun die Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg mbH, parallel dazu, jetzt eigene 3 Rauchwarnmelder installiert. „Overkill“ nennt man das – die Rechnung für Letzteres geht an die Mieter. Denn Gerichte haben bereits entschieden, dass RWM-Kosten als Umlage auf die Miete 'draufgeschlagen werden dürfen: alle Mietkosten (Kredite!) für die Sensoren und die Datensammler und die andere unbekannte Technik, Wartungskosten, Anfahrten im Störungsfall, Kosten Dritter, Verwaltungsaufwand und so weiter. Warten wir die Rechnungen ab ...

Ist das der Hauptzweck der Aktion: Wachstum schaffen? Die Elektroindustrie und das Handwerk kriegen 'ne Einnahmequelle, Gerichte/Anwälte und Gerichtsvollzieher haben zu tun, Banken können Kredite ausreichen … und die Mieten steigen? Und nebenbei wird die lästiger Weise „grundgesetzlich geschützte Wohnung“ endlich auch geknackt?

Die Mieter hatten sich ja an die letzte Instanz, das Bundesverfassungsgericht gewandt (erfolglos, wie schon die Gehörsrüge - siehe dort) und mit einer Verfassungsbeschwerde über diese ungerechte Zustände geklagt, hier nur ein Zitat aus dem 44 Seiten Klageschrift, (oder siehe auch dort):

[color=#000Faf]„Im Übrigen bestritten die Beschwerdeführer [Anm.: die Mieter] das Vorliegen einer Modernisierungsmaßnahme, da keine Wohnwertverbesserung offensichtlich sei; vor allem die jährlichen Sichtprüfungen wirken sich eher wohnwertmindernd aus; die Beschwerdeführer müssten für die Sichtprüfungen jährlich Urlaub nehmen und fremde Personen in ihre Wohnung lassen. Daneben sei kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen dem Einbau von Rauchwarnmeldern und angeblich geringerer Anzahl von Brandopfern zu verzeichnen; die Beschwerdeführer bestritten die Sicherheitserhöhung durch den von der Vermieterin begehrten Einbau.

Daneben gehen die Beschwerdeführer davon aus, dass § 47 Abs. 4 BauO-LSA keine Verpflichtung der Vermieterin auslöse. Jene richte sich als Baurecht an Bauherren, allenfalls an Besitzer; dies wären die Mieter, welche ihrer Pflicht nachkamen. Daneben verpflichtet § 47 Abs. 4 BauO-LSA nur zum Einbau von Rauchwarnmeldern in Schlaf- und Kinderzimmer sowie Flure, über die Rettungswege aus Aufenthaltsräumen führen. Wohnräume — wie die Vermieterin die Duldung verlangt — werden nicht genannt.

Immerhin haben die Beschwerdeführer selbst die Wohnung mit in Betrieb befindlichen, funktionstüchtigen, mit VdS-Zertifikat-Nummer versehenen und vollwertigen Rauchwarnmeldern beim Einzug 2012 an allen Orten, die die BauO LSA vorsieht, entsprechend DIN14676 ausgestattet und beriefen sich auf die Urteile des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 29.11.2011 zu Az.: 814 C 125/11 und des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 07.09.2011 zu Az.: 316 C 241/11: Mit den dortigen Klagen auf Duldung des Einbaus von Rauchwarnmeldern in der Mietwohnung scheiterten die dortigen Vermieter, da die dortigen Mieter die Wohnungen mit Meldern bereits ausgestattet hatten.

Dazu, dass die von den Beschwerdeführern eingebauten Rauchwarnmelder die Vorschriften der DIN erfüllten, wurde Beweis durch Sachverständigengutachten und durch Inaugenscheinnahme angeboten.“[/color]

Weiter in der Verfassungsbeschwerde, wie gesagt 44 Seiten Argumente, leider durchweg bis hin zum Verfassungsgericht ignoriert worden:

[color=#000Faf]„d) Mit Duplik vom 18.03.2015 Uberreichten die Beschwerdeführer exemplarisch Photographien der von ihnen eingebauten Rauchwarnmelder und deren Position. Ferner verwiesen sie auf das Urteil des Amtsgerichts Hagenow, Urteil vom 01.04.201 zu Az.: 10 C 359/09, bestätigt durch Landgericht Schwerin zu Az.: 2 S 17/10, welches die Duldungspflicht des Mieters bei bereits vorhandenen Rauchwarnmelder verneinte. Ebenso verwiesen sie auf das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 27.09.2011 zu Az.: 1 S 171/11, welches in seinem 2. Leitsatz klarstellte, dass lediglich die erstmalige Ausstattung mit Rauchmeldern eine zustirnmungspflichtige Modernisierungsmaßnahme sei. Dem seien die Beschwerdeführer — schon aus eigenem Sicherheitsinteresse und unstreitig — nachgekommen.

Dazu, dass die von den Beschwerdeführern eingebauten Rauchwarnmelder die Vorschriften der DIN erfüllten, wurde Beweis durch Inaugenscheinnahme angeboten.

Daneben wurde ausdrücklich um Hinweis gebeten, wenn das Amtsgericht es für erforderlich halten sollte, dass die Beschwerdeführer Fabrikat, Baujahr, Zustand und Wartungsturnus der Rauchwarnmelder der Beschwerdeführer naher [sic] darlegten.

Anlage 4: Duplik vom 18.03.2015 nebst Anlagen (B1) in Kopie

e) Mit Triplik vom 07.04.2015 beanspruchte die Vermieterin weiterhin den Adressatenkreis des § 47 BauO-LSA für sich und bestritt, dass die von den Beschwerdeführern eingebauten Rauchwarnmelder die Vorschriften der DIN erfüllten.

Anlage 5: Triplik vom 07.04.2015 in Kopie

f) Mit Quadruplik vom 30.04.2015 wurde durch die Beschwerdeführer erneut Beweis durch Sachverständigengutachten und Inaugenscheinnahme angeboten, dass die von den Beschwerdeführern eingebauten Rauchwarnmelder die Vorschriften der DIN erfüllten. Daneben trugen die Beschwerdeführer vor, dass die Vermieterin auch einfach nur Wartungsintervalle oder entsprechende Nachweise [der vorhandenen Rauchwarnmelder] mit ihnen vereinbaren könnte.

Daneben legten sie dar, dass sie regelmäßig die Tests der in der Wohnung befindlichen und von ihnen installierten Rauchwarnmelder durchführen. Sie benutzen einen im Handel erhaltlichen und von TUV-Nord zertifizierten Rauchmeldertester. Dabei werden alle drei Rauchmelder mit Taste ausgelöst, auf Schmutz und ausreichenden Abstand überprüft sowie zusatzlich ein „professioneller Test" durchgeführt mit dem Rauchmeldertestspray. Der letzte Test fand insoweit am 13.04.2015, 16.30 Uhr MESZ statt. Hierzu wurde die Parteivernehmung der Beschwerdeführer als Beweis angeboten und eine Photographie des Rauchmeldertesters [Stanger] und des Rauchwarnmeldertestprotokolls vom 13.04.2015 als Beweis vorgelegt.

Anlage 6: Quadruplik vom 30.04.2015 nebst Anlagen (B2, B3) in Kopie“[/color]

Die Mieter haben nun, als Reaktion auf den Drohbrief („Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beim Gerichtsvollzieher“ bezüglich Arbeitszimmer-Einbau?!) an die Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg mbH ein freundliches Schreiben gerichtet, worin sie darum bitten, doch vernünftig zu sein und die Sache wenigstens bis zum Auszug der Beklagten aus ihrer Wohnung ruhen zu lassen. Denn einerseits wäre der Rauchwarnmelderpflicht (Schlafzimmer, Fluchtwege) nun sogar doppelt sicher entsprochen worden, und andererseits hätte die Vermieterin dann, wenn die Wohnung leer ist, ja alle Möglichkeiten, auch im Wohn- und Arbeitszimmer schnell mal eben ihre Technik einzubauen, ob das nun sinnvoll ist, oder nicht.

Die Mieter hatten die resultierende Wohnwertverschlechterung mehrfach deutlich beschrieben, aber die Gerichte haben das Problem nicht erkannt. Zunehmend wird beispielsweise auch wegen Legionellen-Überprüfungen die Behaglichkeit der Mietwohnungen gestört. Ich bezweifle, dass die WoBau durch immer mehr von solchem Safety-Overkill-Murks die Wohnungen besser vermieten kann.
Man könnte in der letzten Zeit den Eindruck gewinnen, es solle den Leuten das Mieten mit Gewalt verleidet werden. Sollen die Deutschen sich über Wohn-Eigentum Gedanken machen, den Banken in die Arme getrieben werden? Ist diese ganze Menschenliebe nur geheuchelt, und dahinter steckt nur Profitgier diverser Institutionen („Lobbyismus“), oder, oder …?

Fragt sich

H.


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